Im Konzert der öffentlichen Reflexionen zum versuchten Bombenattentat von Delta Airlines Flug 253 am 25.12.2009 wundert sich der interessierte Bürger über die doch asymmetrischen politischen Schlußfolgerungen. In Amerika wird das offensichtliche Versagen der Geheimdienste thematisiert, Präsident Obama spricht dazu klare Worte und lädt die Verantwortlichen zu einem sicherlich für sie nicht einfachem Gespräch. Obwohl Informationen über den Attentäter vorliegen werden von den geheimdienstlichen Bearbeitern dieser Informationen die falschen Schlüsse gezogen. (Hier frage ich mich allerdings ob in der schieren Menge der geheimdienstlichen Datenerhebung und -übermittlung eine Schwachstelle liegt. Es wird keine Antworten geben, da geheim.)
In Deutschland und Teilen Europas erschöpft sich die politische Bewertung der Ereignisse in der Forderung nach der Einführung von Nacktscannern. Mir scheint die Diskussion hierzulande etwas eindimensional.
Konservative, rückwärtsgewandte Sicherheitspolitik braucht die Konstruktion des Staates als den strengen aber gerechten Vater, der allwissend in der Zuschreibung von gut und böse ist. „Vaterland“, „Vater Staat“ sind die verbalen Ausflüsse dieses Denkens. Staatsbürger sind demgegenüber soetwas wie die mehr oder weniger wohlgeratenen Kinder.
Ausgestattet mit dem vermeintlich sicheren Wissen auf der Seite des Guten zu stehen stellt konservative Politik jedermann unter Verdacht. Privatsphäre oder Rechtstaatlichkeit sind für konservative Politik untergeordnete Kategorien. Bürger, die diese Politik kritisieren sind eben noch nicht „erwachsen“.
Konservative Politik kann beispielsweise nicht die Arbeitsbedingungen des Sicherheitspersonals thematisieren. Geringe Löhne sind ja Signale der Markträumung und die Regeln des Marktes sind sakrosankt. Wieso sollte eine konservative Politik auf die Idee kommen die Sicherheit der Luftfahrt sei keine Angelegenheit des Marktes sondern im Gemeinwohlinteresse und nicht auf Märkten herstellbar?
Konservative Politik braucht Symbole. Schnelle Entscheidungen sollen dem Bürger Wissen und Entschlossenheit nach dem Prinzip „father knows best“ vorgaukeln. Dazu müssen die getroffenen Maßnahmen nicht mal Abhilfe des Problems schaffen, hauptsache sie sind getroffen. Zwar weiß jedermann, daß potentielle Attentäter lernfähig sind und sich an die veränderte Situation anpassen werden aber diese mitzudenken wäre sicherlich zu viel verlangt.
Wie die Sicherheit im Luftverkehr anders gedacht werden kann, welches Verhältnis zwischen Staat und Bürger mehr Sicherheit brächte denkt Tina Guenther sehr aufschlußreich auf ihrem Blog. Diesen Artikel, der strikt aus soziologischer Perspektive gedacht ist, lege ich jedermann ans Herz, er ist lesenswert.
Welche Schlußfolgerungen wird konservative Politik ziehen sobald der erste potentielle Attentäter mit Sprengstoff in seinem Körper erwischt wird – Darmspiegelung für jedermann oder harte Röntgenstrahlung?