Ungleichgewicht – ist das was Offline geht, Online problemlos?

Der Markus Breuer hat mit kühlem Kopf und heißem Herzen einen Blogpost zum Thema Adreßhandel als Antwort auf die Aufgeregtheiten, die ein Artikel über Google in verschiedenen „Qualitätsmedien“ verursacht hat, geschrieben. Ich möchte an Markusens Beitrag anschließen und frage mich ob ähnliche Handlungen innerhalb oder außerhalb des Internets unterschiedliche Qualitäten zugeschrieben bekommen. Das Beispiel, das ich wähle ist der Zeit in Berlin angemessen, es handelt sich um Wahlwerbung der/für politische Parteien.

Jeder Wahlkampfmanager hat seinen bewährten Instrumentenkasten. Ein Instrument, daß wahrscheinlich jede Partei benutzt, ist die Erstwähleransprache. Die Erstwähleranspracher erfolgt in der Regel per Brief, als Anregung doch überhaupt an der Wahl teilzunehmen oder auch als Einladung zu Events. Nun sind die Erstwähler den Parteien zunächst unbekannt und so bedient man sich selbstverständlich den (kommunalen/staatlichen) Melderegistern. Natürlich nur, wenn der Erstwähler der Nutzung seiner Daten nicht widersprochen hat. Ich bezweifle allerdings, daß der Großteil der Erstwähler sein Widerspruchsrecht kennt.
Das zweite Instrument, das Wahlkampfmanager virtuos beherrschen ist die briefliche „zielgruppengerechte“ Ansprache nach Parteienaffinität. Briefliche Parteienwerbung wird heutzutage natürlich nicht per Zufall und über die Fläche gestreut, sondern grundsätzlich nur an diejenigen adressiert, von denen man auch den Gang zur Urne im eigenen gewünschten Sinne erwartet. Dieses Verfahren klappt hervorragend, verringert Streuverluste (hört, hört) und erbringt eine ordentliche Kosten-Nutzen-Relation (und wird natürlich über Adreßhändler abgewickelt). Das Ganze ist datenschutzrechtlich geprüft und für problemlos befunden worden. Niemand käme auf die Idee an einem solchen Verfahren Anstoß zu nehmen.

Eine solche Werbemaßnahme kann auch jederzeit technisch problemlos und methodisch sauber Online durchgeführt werden. Dabei werden die Parteienaffinitäten einem Rechner (Client) zugeordnet und der Click des Internetnutzers auf die werbetreibende Seite samt der Affinität an einen Adserver gesendet, der dann die entsprechende Wahlwerbung ausliefert. Allerdings, aufgepaßt! Parteienaffinitäten in Verbindung mit der IP-Adresse, die technisch für den Transport durch das Netz gebraucht wird, sind nach Maßgabe der Aufsichtsbehörden besondere personenbezogene Daten nach §3 (9) BDSG. Und in dieser Kombination wäre eine gesonderte Einwilligung des Adressaten zwingend notwendig. Ohne diese Einwilligung wäre also unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen eine solche Werbemaßnahme rechtswidrig.

Die Frage, die ich mir stelle, ist also, bedarf es für die briefliche Werbung von Parteien keine gesonderte Einwilligung? Und falls doch, wieso geben die Bürger millionenfach diese Einwillung für briefliche Parteienwerbung und wie wäre die Response Online? Oder braucht es für die briefliche Parteienwerbung keine gesonderte Einwilligung und falls nicht – warum?
Oder werden einfach nach Gusto unterschiedliche Maßstäbe benutzt um ähnliche Sachverhalte zu legitimieren?