Seit Urzeiten wohne ich in Kreuzberg und seit einer Ewigkeit gibt es schon das Restaurant Altes Zollhaus am Carl-Herz-Ufer. Obwohl fußläufig wenige hundert Meter von meinem Zuhause entfernt, hat es bis gestern aus unerfindlichen Gründen nie zu einem Besuch gereicht. Das Zollhaus hat drei „Geschwister“, das Restaurant Aigner, die Rotisserie Weingrün und das Weingut Horcher, wobei sich das Restaurant Aigner und ich uns bereits kennen.
Wir hatten für vier Personen reserviert und selbstverständlich hatte ich Speisen- und Weinkarte bereits vor Tagen auf der Webseite des Restaurants studiert. Lobenswert ist, das die Karten im Internet auch tatsächlich die aktuellen sind. Der Gastraum mit den verputzten aber ungestrichenen Wänden, die mit Bildern der Gegenwartskunst dekoriert sind, empfing uns mit einer Atmosphäre des Landhausstils. An diesem Abend überwogen im Publikum eher bemooste Häupter, was sicherlich auch am Preisniveau des Restaurants liegt. Wir entschieden uns alle vier jeweils für unterschiedliche Drei-Gang-Menüs, die mit 40 Euro pro Menu ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis zeigen.
Ich entschied mich auf Anraten unserer Bedienung als Hauptgang für die Ente, die ein Renner des Hauses sein soll und für folgende Speisenfolge:
1. Sautierter Kaninchenrücken auf sommerlichem Pfifferlings-Pfirsichsalat in Buttermilch-Joghurt-Dressing
2. Geschmorte Kalbsnierchen mit Brunnenkresseschaum, glasierten Eiszapfen und Schnittlauch-Kartoffelstampf
3. Brandenburger Bauernente aus dem Ofenrohr mit kleinem Kartoffelpuffer und Rahmspitzkohl
Ich konnte mit meiner Wahl sehr zufrieden sein. Der Kaninchenrücken war auf den Punkt und der Pfifferlings-Pfirsichsalat eine überraschende Geschmackskombination. Kalbsnierchen finden sich für meinen Geschmack viel zu selten auf Speisenkarten und ich wurde auch nicht enttäuscht, sie schmeckten großartig. Die Ente war ohne Knochen, die Haut kross und exakt so wie ich sie mag aber wir sie zuhause viel zu selten hinbekommen.
Die Holde nahm ebenfalls den Kaninchenrücken als ersten Gang und danach Folgendes:
2. Lammkotelett und Lammwürstchen auf Grillgemüse und klassischem Ajvar
3. Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern und Cremeis
Nun ist es mir immer ein besonderes Vergnügen mit der Holden essen zu gehen und auch diesmal schwächelte sie ein wenig beim Hauptgang, sodaß ich ihr behilflich sein konnte und Lammkotelett und Lammwürstchen probierte. Das Kotelett war ebenfalls auf den Punkt, geschmacklich ausgezeichnet und das Lammwürstchen hatte eine angenehme Schärfe, die den Lammgeschmack gut unterstrich.
Die Portionen der Gänge waren wohl abgestimmt, sodaß sich drei Gänge mit Genuß und ohne Völlegefühl essen ließen.
Statt Aperitif nahm ich ein kleines Bier gegen den Durst und war zunächst skeptisch gegenüber dem Berliner Pilsener vom Faß aber es war sehr ordentlich gezapft und trinkbar.
Als Wein wählte ich einen 2011 Grauburgunder trocken aus der „Bronze Linie – Ortsweine aus traditionellen und besonders hochwertigen Weinlagen“, der einen vortrefflichen Geruch, wohlausgewogenen ersten Geschmack aber einen enttäuschenden sehr, sehr flachen Abgang hatte. Das hatte ich so nicht erwartet, der Wein ist noch deutlich verbesserungsfähig.
Der Service war aufmerksam und trotzdem alle Tische besetzt waren verloren die Bedienungen keinen Augenblick die Übersicht. Auch in Sachen Kulanz kann ich nur Erfreuliches berichten. Einer unserer Gäste hatte als Dessert ebenfalls den Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern gewählt, der sich dann unglücklicherweise als nichtvorhanden herausstellte. Diesem Fehler der Küche wurde mit der Streichung sämtlicher Desserts von der Rechnung begegnet. Das nenne ich Kulanz!
Wir sind mit unserem ersten Besuch im Alten Zollhaus sehr zufrieden, können es guten Gewissens weiterempfehlen und werden, je nach Gerichten auf der Karte, wiederkommen. Und dann werde ich mich mit auch meiner Weinauswahl klüger anstellen.
Ein Gedanke zu “Altes Zollhaus – da wo die Ente wohnt”
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