Faktenchecker im Zug

Fahre ICE und sitze in der Ruhezone; mache ich so gut wie nie aber auf dieser Reisestrecke mit der elenden Mobilfunkverbindung bietet das bessere Chancen auf einen Sitzplatz, hat ja geklappt. Lese ein wenig, nicke dabei immer wieder für Sekunden ein. Eine Stunde vor Ankunft am Zielort zwinge ich mich aufzustehen und begebe mich in den Speisenwagen. Es ist ein neuer Speisenwagen, das Bordbistro hat jetzt diesen fipsigen Tisch vor dem Fenster, hinter den ich mich halb gebückt quetschen kann und bei dem ich aufgrund der Unkomfortabilität sofort an so etwas wie „Mehdorns späte Rache“ denken muß. Ich habe Durst und bestelle ein großes Bier. Zwei weitere Mitfahrer sind im Bistro und unterhalten sich. Irgendwie bekomme ich Gesprächsfetzen mit, es sind ein Verlagsmitarbeiter und ein Medienwissenschaftler. Der Verlagsmitarbeiter erläutert dem anderen die Struktur seines Unternehmens, erklärt die strenge Teilung in einen Print- und Onlinebereich, die so gründlich sei, daß sich Redakteure aus den verschiedenen Bereichen nicht mal kennen würden. Im Printbereich würden die Fakten ausgiebig und gründlichst recherchiert, der Onlinebereich diene halt einem anderen Zweck. Ich staune vor mich hin. Er sagt von sich er gehöre natürlich zum Printbereich sei aber kein Redakteur sondern ein Faktenchecker, einer der das Geschriebene gegenliest. Ich bestelle mir ein zweites großes Bier. So ist das also denke ich bei mir, die sind sich wohl nicht grün im Verlag oder schwingt da etwas Überheblichkeit mit? Möchte zu gerne wissen ob es denn Faktenchecker im Onlinebereich gibt? Traue mich nicht ins Gespräch einzugreifen, leere mein Glas und gehe zu meinem Platz zurück. Lese weiter in Senecas „Von der Gelassenheit“, das Werk hat sich seit fast zweitausend Jahren bewährt.

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