Der Nico hat einen sehr schönen Blogpost zur merkwürdigen Haltung eines SPD-Politikers zur Vollüberwachung der deutschen Bevölkerung, der Vorratsdatenspeicherung einerseits und zum amerikanischen Überwachungsprogramm Prism andererseits geschrieben. In seinem Artikel drückt er sein Unverständnis für diese Haltung wie folgt aus:
Ich verstehe nicht, was mit Menschen passiert, sobald sie anfangen, sich mit Innenpolitik auseinanderzusetzen, warum sie immer gleich bereit sind, die Freiheiten der Einzelnen zu opfern für mehr suggierte Sicherheit, die tatsächlich aber nie gegeben ist.
Dieses beobachtbare Phänomen möchte ich in Anlehnung an Manfred Spitzer als „Repressive Demenz“ bezeichnen. Ich sehe zur Zeit zwei Erklärungen. Zum ersten wird von einem solchem Politikbereich, in dem es immer um die Beschränkung von Bürgerrechten geht, ein bestimmter Menschenschlag angezogen, der darauf, um es flapsig zu sagen, konditioniert ist. So finden sich Gleichgesinnte und verstärken ihre Positionen, gerade auch, wenn von den Vertretern der Sicherheitsbehörden Forderungen an sie herangetragen werden. Die andere Erklärung ist, daß einige Menschen mit bürgerrechtlicher Einstellung bei der gemeinsamen der Arbeit mit Vertretern der Sicherheitsbehörden in einem zunehmenden Gruppendenken ihre Urteilskraft so modifizieren, daß sie zur Wahrnehmung anderer Positionen nicht mehr in der Lage sind. Die beiden Wege sind nicht disjunkt.
Ein Blick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten zum Thema Innenpolitik bei der Berliner SPD zeigt auf der Webseite als Organisationsform den sogenannten Fachausschuß:
Die Fachausschüsse organisieren in speziellen Politikfeldern die fachlich besonders ausgewiesenen und engagierten Mitglieder der Berliner SPD.
Frische Luft unerwünscht, so scheint es; Wieselworte. Der frühere Landesvorsitzenden Müller stellte Neumitgliedern in seiner Begrüßung die Mitwirkungsmöglichkeiten mit der sinngemäßen Bemerkung vor, für die Fachausschüsse müsse man sich erst qualifizieren. Innenpolitik wird also nicht wirklich offen diskutiert, sondern in einer semioffenen Veranstaltung, eher Zirkel der Abschottung, in dem sich natürlich ein Gruppendenken ausbilden kann, das zu prekären Politikaussagen führt. Wobei ich für Vertraulichkeit im Gespräch mit Vertretern der Sicherheitsbehörden größtest Verständnis habe, es darf aber nicht dazu führen, daß nur eine kleine Gruppe bemooster Häupter in diesem Politikbereich agieren kann.
Wie Innenpolitk in anderen Landesverbänden oder in der Bundes-SPD verhandelt wird ist mir nicht klar, ich nehme an es wird ähnlich sein.
Und ich gehe davon aus, daß Innenpolitik in anderen Parteien ebenfalls eher in geschlossenen Räumen diskutiert wird. Um diesen Mechanismus zu modifizieren sollten sich mehr Bürgerrechtsinteressierte und auch gerade die Netzpolitiker (aber immer schön zu zweit, mindestens) in die jeweiligen geschlossenen Räume begeben.
Ein Gedanke zu “Repressive Demenz”
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