Der Falk hat vor einigen Tagen einen interessanten Kommentar veröffentlicht indem er die institutionelle Verortung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit beim Bundesministerium des Innern kritisiert und eine Alternative aufzeigt. Ich schließe mich grundsätzlich seiner Kritik an, frage mich aber wie es überhaupt zu dieser Verortung gekommen ist. Falk konstatiert knapp „historische Gründe“, mich interessiert es etwas genauer. In der Kürze der Zeit habe ich keine belastbaren Informationen dazu gefunden sondern ich werde eine völlig ungesicherte Hypothese wagen und das Thema in einem weiteren Post aufgreifen.
Ich denke, eine Reise in die Gedankenwelt der damaligen Zeit ist angemessen aber auch äußerst schwierig. Das heutige eigene Wissen verzerrt den Blick zurück und produziert Rückschaufehler. Nehmen wir dazu einen Text von Bernd Lutterbeck zu Hilfe. Er beschreibt als Zeitzeuge den Zeitgeist der sechziger und siebziger Jahre zu Fragen des Datenschutzes und der zunehmenden Informatisierung, die begrüßt und gewollt sind und zur Modernisierung der Gesellschaft beitragen sollen. Es herrscht Aufbruchstimmung bei den Fachleuten. Ich vermute, die politische Entscheidung den Bundesdatenschutzbauftragten beim Innenministerium zu verorten war unumstritten, da einerseits das Innenministerium für die IT und Organisation der öffentlichen Verwaltung und andererseits für Recht und Verfassung zuständig war. Hier lege ich zwei Begründungen vor, das ist inkonsistent, ich setze mein Pfund auf auf IT und Organisation. Meine Hypothese sei also:
Die Entscheidung den BfD beim Innenministerium zu verorten war politisch unumstritten, da dort die Zuständigkeit für die öffentliche Verwaltung (und ihre Modernisierung) lag.
In einem Text von Ishii K, Lutterbeck B, Pallas F (2008) „Forking, Scratching und Re-Merging“ wird auf Seite 21 dem Bundesbeauftragten ein eigenes Kapitel gewidmet. Leider erfahren wir wenig über die Gründe zur Verortung beim BMI lesen aber einiges über die damalige Diskussion der erwarteten Kompetenz und des Aufgabenbereichs des BfD:
Welche Qualifikation soll ein Bundesdatenschutzbeauftragter haben? Kann er Naturwissenschaftler oder Ingenieur sein? Muss es ein Jurist sein?
Wo liegen die Schwerpunkte in den Aufgaben des BfD? In der Erörterung von reaktiven und prospektiven Rechtsfragen oder auch in der technologiepolitischen Fundierung des Datenschutzes?
Das ist immens aufschlußreich, denn es gibt Hinweise darauf wie die institutionelle Einbindung letzendlich bis heute nachwirkt:
Als Ergebnis stand danach fest: Datenschutz hat im wesentlichen nur mit Recht zu tun, am Rande auch mit Technik.
Diese Verrechtlichung des Datenschutzes durch Verortung an einer eher konservativer Institution die sich auch die Führungsrolle in Rechts- und Verfassungsfragen anmutet ist die strukturelle Problematik des Datenschutzes. Die „Väter des Datenschutzes“ (Mütter habe ich in der Literatur nicht gefunden) diskutierten Datenschutz und Folgerungen technologisch und sahen im technischen Datenschutz deutlich hilfreichere Maßnahmen. Dementsprechend sahen sie die Kompetenzen des BfD eher beim Naturwissenschaftler und Ingenieur als beim Juristen. Der Naturwissenschaftler oder Ingenieur mit geeignetem (technologischen) Umfeld wäre eher in der Lage technischen Fortschritt zu erfassen, zu bewerten und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Dieses scheint mir auch heute noch richtig zu sein und so sollte der BfDI eher bei einem technologisch orientierten Ministerium verortet werden. Der Falk sieht die Verortung bei einem zu schaffenden Internetministerium. Ich würde lieber den politischen Fehler von Rot-Grün 1998, dem Forschungsministerium die Kompetenz für Technologiepolitik wegzunehmen und beim Wirtschaftsministerium anzudocken, rückgängig machen und wieder ein reines Bundesforschungsministerium wie 1972 zu gründen und dort den BfDI verorten. Welche Gründe es für einen Verbleib beim BMI geben könnte werde ich in meinem zweiten Post erörtern.
Ein Gedanke zu “Warum ist der BfDI beim BMI angedockt und wo sollte er es sein? (1)”
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