Europa ist verwirrend

Vom 22. bis zum 25. Mai wird die Wahl zum Europäischen Parlament stattfinden. Natürlich gibt es dazu auch wieder einen Wahl-O-Mat, den ich gleich benutzt habe. Wie immer ohne Gewichtung und ohne mich an Partei(tags)beschlüsse/ -positionen bewußt zu erinnern. Daß auf dem Wahl-O-Mat ein ideologischer Filter liegt habe ich bereits in meinem Beitrag zur Bundestagswahl 2013 geschrieben. Trotzdem hat mich das Ergebnis ein wenig überrascht:

Wahl-o-mat zur Europawahl 2014
Wahl-o-mat zur Europawahl 2014

Für soetwas wie Konstanz in der Bewertung sorgen der zweite und dritte Platz der Linken und der Grünen. Der erste Platz für die FDP ist dann doch etwas irritierend. Ich habe das Ergebnis im Nachhinein nicht auf die Positionen der Parteien zu den Statements runtergebrochen um mir das Zustandekommen zu erkären. Bin gespannt auf das Wahlergebnis.

Drei Bundestagswahlen mit dem Wahl-O-Mat

Drei Bundestagswahlen lang begleitet mich der Wahl-O-Mat wobei er sicherlich keine Rolle für mein Wahlverhalten spielt aber teilweise überraschende oder gar nach eigenem Empfinden paradoxe Ergebnisse liefert. Die Macher des Wahl-O-Mat liefern die Erklärung für diese Paradoxien auf ihrer Webseite gleich mit, nämlich Reduzierung der Inhalte von Wahlprogrammen auf ja/nein-fähige Aussagen und Thesenauswahl durch eine Redaktion. Damit bekommt der Wahl-O-Mat einen ideologischen Filter, was meiner Ansicht nicht schlimm ist, es muß nur klar sein.
Ich habe mir die Versionen der Bundestagswahl von 2005 und 2009 heruntergeladen, mit meiner heutiger Perspektive genutzt und zusammen mit der 2013-Version gelistet. Hier das Ergebnis:

  2013 2009 2005
SPD 83% 64% 68%
Linke 76% 73% 77%
Grüne 72% 70% 68%
Piraten 71% 71% —-
FDP 59% 51% 45%
CDU/CSU 47% 41% 32%

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Kurzbericht zum zweiten netzpolitischen Kongreß der Grünen Bundestagsfraktion

Als Vorarbeiten zu einem „Digitalen Gesellschaftsvertrag“ sollte der gestrige zweite netzpolitische Kongreß der Bundestagsfraktion der Grünen im Paul-Löbe-Haus dienen. Dafür meldeten sich ca. 500 Interessenten an.
Mein Interesse beschränkte sich diesmal auf die Keynotes von Lawrence Lesig und Ben Scott, sowie die beiden Workshops zu Digitaler Arbeit.

Einen Vortrag von Lawrence Lessig hatte ich vorher noch nicht gesehen und er beeindruckte mich sehr mit seinem unkonventionellen Vortragsstil. Seine Vorstellungen von einem starken aber einfach zu verstehendem Urheberrecht für professionelle Urheber bei einer Abstufung des Rechts bei Remixen ihrer Orginale, sowie seine weiteren Vorschläge zu den Rechten von Amateuren als Urheber scheinen mir ausgefeilt zukunftsweisend.

Ben Scott forderte, wie mir scheint etwas sehr amerikanisch, nach dem großen Wurf zu greifen und nicht in regulatorischen Türmen zu Einzelproblemen wie Netzneutralität und Datenschutz zu denken, sondern das Gemeinwohl in den Mittelpunkt zu stellen und von dort aus ggf. etwas völlig Neues zu denken. Ich finde die Vorstellungen sehr erfrischend, leider erhielt er dafür nicht den meiner Meinung nach angemessenen Applaus.

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Politcamp Nummer Vier

Das diesjährige Politcamp, wieder im Radialsystem in Berlin, war auch mein kürzestes. Leider konnte nur ein Stündchen am Sonnabend und am heutigen Sonntag erst ab 12 Uhr teilnehmen, habe also allerlei verpaßt. Glanzlicht des Tages war für mich der Auftritt der Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger, die in der Diskussion souverän und aufgeklärt agierte und am Ende ihres Auftritts einen langanhaltenden Applaus bekam. Tweets auf der Twitterwall zogen sympathisch-skurrile Vergleiche mit Helmut Schmidt.

Gab es inhaltlich etwas Neues? Die Antwort ist schlicht und ergreifend – nein. Alle angesprochenen Themen waren die alten, die wohlbekannten, diejenigen, mit denen wir uns teilweise seit Jahren herumschlagen. Ist das beunruhigend? Ich meine nein, denn Themen rund um die Digitalisierung sind bereits in die Fachpolitiken diffundiert, von Arbeit über Gesundheit bis Bildung. Das ist gut.

Die Teilnehmerzahl des diesjährigen Politcamps war deutlich geringer als in den Vorjahren, sie regressiert zum Mittelwert.

Päuschen beim Politcamp 2012
Päuschen beim Politcamp 2012

Auch in diesem Jahr lud das „Draußen“ der Location zum gelegentlichen Prokrastinieren der ein oder anderen Session ein.

Im Rausch der Geschwindigkeit

Im Laufe dieses Nachmittags tauchte dieser Artikel auf t3n in meiner Twittertimeline auf. Ich erinnerte mich wieder an Googles PageSpeed, das, wenn ich nicht alles vergessen habe, nicht den Seitenaufbau in einer Zeiteinheit mißt sondern prüft welche Eigenschaften auf einer Webseite vorhanden sind, die einen schnelle Seitenaufbau verhindern. Also im Klartext wird die Frage beantwortet ob eine Webseite nach Googles Meinung auf Geschwindigkeit getrimmt ist. Ich fragte mich nun, wie die Webseiten der politischen Parteien optimiert sind und ob es wenigstens einen stochastischen Zusammenhang zwischen guter Netzpolitik und performanter Seite gebe könne.
Die Rangfolge von heute 18 Uhr sieht wie folgt aus, maximal 100 Punkte können erreicht werden:

1. FDP 88
2. Bündnis 90/Die Grünen 78
3. CSU 77
4. Piratenpartei 72
5. Die Linke 61
6. SPD 56
7. CDU 38

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Ungleichgewicht – ist das was Offline geht, Online problemlos?

Der Markus Breuer hat mit kühlem Kopf und heißem Herzen einen Blogpost zum Thema Adreßhandel als Antwort auf die Aufgeregtheiten, die ein Artikel über Google in verschiedenen „Qualitätsmedien“ verursacht hat, geschrieben. Ich möchte an Markusens Beitrag anschließen und frage mich ob ähnliche Handlungen innerhalb oder außerhalb des Internets unterschiedliche Qualitäten zugeschrieben bekommen. Das Beispiel, das ich wähle ist der Zeit in Berlin angemessen, es handelt sich um Wahlwerbung der/für politische Parteien.

Jeder Wahlkampfmanager hat seinen bewährten Instrumentenkasten. Ein Instrument, daß wahrscheinlich jede Partei benutzt, ist die Erstwähleransprache. Die Erstwähleranspracher erfolgt in der Regel per Brief, als Anregung doch überhaupt an der Wahl teilzunehmen oder auch als Einladung zu Events. Nun sind die Erstwähler den Parteien zunächst unbekannt und so bedient man sich selbstverständlich den (kommunalen/staatlichen) Melderegistern. Natürlich nur, wenn der Erstwähler der Nutzung seiner Daten nicht widersprochen hat. Ich bezweifle allerdings, daß der Großteil der Erstwähler sein Widerspruchsrecht kennt.
Das zweite Instrument, das Wahlkampfmanager virtuos beherrschen ist die briefliche „zielgruppengerechte“ Ansprache nach Parteienaffinität. Briefliche Parteienwerbung wird heutzutage natürlich nicht per Zufall und über die Fläche gestreut, sondern grundsätzlich nur an diejenigen adressiert, von denen man auch den Gang zur Urne im eigenen gewünschten Sinne erwartet. Dieses Verfahren klappt hervorragend, verringert Streuverluste (hört, hört) und erbringt eine ordentliche Kosten-Nutzen-Relation (und wird natürlich über Adreßhändler abgewickelt). Das Ganze ist datenschutzrechtlich geprüft und für problemlos befunden worden. Niemand käme auf die Idee an einem solchen Verfahren Anstoß zu nehmen.

Eine solche Werbemaßnahme kann auch jederzeit technisch problemlos und methodisch sauber Online durchgeführt werden. Dabei werden die Parteienaffinitäten einem Rechner (Client) zugeordnet und der Click des Internetnutzers auf die werbetreibende Seite samt der Affinität an einen Adserver gesendet, der dann die entsprechende Wahlwerbung ausliefert. Allerdings, aufgepaßt! Parteienaffinitäten in Verbindung mit der IP-Adresse, die technisch für den Transport durch das Netz gebraucht wird, sind nach Maßgabe der Aufsichtsbehörden besondere personenbezogene Daten nach §3 (9) BDSG. Und in dieser Kombination wäre eine gesonderte Einwilligung des Adressaten zwingend notwendig. Ohne diese Einwilligung wäre also unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen eine solche Werbemaßnahme rechtswidrig.

Die Frage, die ich mir stelle, ist also, bedarf es für die briefliche Werbung von Parteien keine gesonderte Einwilligung? Und falls doch, wieso geben die Bürger millionenfach diese Einwillung für briefliche Parteienwerbung und wie wäre die Response Online? Oder braucht es für die briefliche Parteienwerbung keine gesonderte Einwilligung und falls nicht – warum?
Oder werden einfach nach Gusto unterschiedliche Maßstäbe benutzt um ähnliche Sachverhalte zu legitimieren?

Der Netzpolitische Kongreß der Grünen – mein Resumée

Das war schon kein schlechtes Triple, das „Bündnis 90/Die Grünen“ an netzpolitischen Veranstaltungen in den letzten 3 Monaten dem interessiertem Publikum geboten haben. Von der Netzpolitischen Soirée im September über die netz:regeln im Oktober war der Netzpolitische Kongreß am vergangenen Wochenende im Paul-Löbe-Haus des Bundestages ein gelungener Schluß- und Höhepunkt.

Rund 500 Interessierte versammelten sich zu einem straffen Programm aus Keynotes, Workshops und „Barcampsessions“ um das Thema zu erörten wie sich die Gesellschaft digital gestalten ließe. Oder im Klartext ausgedrückt – gibt es eine spezifisch grüne Netzpolitik?
Auf diese Frage habe ich auch nach Ende des Kongresses keine Antwort. Dies liegt sicher daran, daß „Bündnis 90/Die Grünen“ erst am Anfang ihrer Profilierungsphase in diesem Politikbereich stehen. Zur Zeit präsentiert sich die Partei auch netzpolitisch als eine liberale, die Zugangserschwernisse, anlaßlose Datenspeicherung u.v.m. ablehnt, die sozialen Dimensionen der Digitalisierung jedoch nicht im Fokus hat.

Qua Amt habe ich natürlich die Keynote von Peter Schaar und den anschließenden Datenschutzworkshop besucht, die inhaltlich nicht wesentlich Neues brachten. Peter Schaar mußte jedoch die deutliche innerparteiliche Kritik an der „VDS light plus“ der Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis nehmen.
Der für mich vergnüglichste Slot war die Barcampsession „Internet in Kinderaugen“. Ich verweise einfacherhalber auf die Ausführungen von mrtopf, der die Session famos beschreibt und dessen Konklusion „Wir können positiv in die Zukunft blicken!“ ich vollends zustimme.

An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Konstantin von Notz und dem Organisationsteam, die eine klasse Veranstaltung möglich gemacht haben.

Was wußte eigentlich das ehemalige Kabinett?

Es macht für mich eigentlich keinen Sinn Inhalte von Presseartikeln in Blogs zu wiederholen aber mir bleibt vor Empörung die Luft weg, wenn ich diesen Beitrag zum unsäglichen Verhalten von Ex-Verteidigungs- und in Bälde Ex-Arbeitsminister Jung im Tagesspiegel lese. Besonders der folgende Ausschnitt ist unfaßbar:

… Offenbar hat das Verteidigungsministerium in den Wochen vor der Bundestagswahl massiven Druck auf Mitarbeiter des Hauses und im Bereich der Bundeswehr ausgeübt, die internen Berichte über den Hergang der Nato-Angriffe zu verschweigen. In Parlaments- und Regierungskreisen war am Freitag von der Androhung sofortiger Entlassung bis hin zu strafrechtlichen Folgen die Rede. Demnach sollen mehr als ein Dutzend Mitarbeiter von der Existenz der Berichte gewusst haben….
… Ob Jung selbst angeordnet hat, die Mitarbeiter wegen der bevorstehenden Wahl zum Schweigen zu verpflichten, ist nicht bekannt. Klar ist allerdings, dass die CDU massive Stimmverluste hätte befürchten müssen, wenn zuvor herausgekommen wäre, dass Jung öffentlich Zivilopfer abgestritten hat, obwohl er Hinweise auf das Gegenteil hatte. Genauso offen ist bisher, ob das Kanzleramt und das Außenministerium unter Steinmeier davon wussten…

Das ein Ministerium bzw. ein Minister so mit seinen Mitarbeitern und der Öffentlichkeit umgeht ist ein Skandal. Und ebenso deutlich ist zu fragen ob davon eigentlich die Ex-Kabinettskollegen und die Bundeskanzlerin wußten. Falls sie von diesen Vertuschungsmaßnahmen wußten ist es in der Tat eine Staatsaffäre.

Jamaika in Sicht

Nach der schwarz-grünen Koalition in Hamburg sortieren sich auch im Saarland die Grünen an die Seite der CDU zu einer Jamaika Koalition zusammen mit der FDP. Der Landesparteitag der Grünen hat den Weg zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit über 75% der abgegebenen Stimmen dazu freigemacht.

Nach der Fragmentierung der Volksparteien kommen die Grünen und ihre polternden Gegenspieler aus dem konservativen Lager, in das ich die FDP einschließe, zu einer sachlichen Arbeit zusammen. Die Dämonisierung der jeweiligen anderen Seite hat hoffentlich ein Ende. Alle in den Parlamenten vertretenen demokratischen Parteien sollten untereinander koalitionsfähig sein. Diese Bereitschaft, zumindestens partiell und für eine bestimmte Zeit zusammen zuarbeiten ist eine gute Nachricht.

Das Ende der Dämonisierung bzw. der ideologischen Vorbehalte, die beim Wähler m.E. nach schon lange nicht mehr gut ankommen – der Wähler hat die Ideologien durch strategisches Wählen schon längst hinter sich gelassen – zwingt die Politik aber schärfere Konturen im eigenen Politikangebot und im Handeln zumindestens in Teilbereichen zu zeigen. Die Parteien werden sich nicht weiterhin immer ähnlicher werden können sondern müssen partiell Flagge zeigen und wieder unterscheidbar werden. Das ist die zweite gute Nachricht.