Was wußte eigentlich das ehemalige Kabinett?

Es macht für mich eigentlich keinen Sinn Inhalte von Presseartikeln in Blogs zu wiederholen aber mir bleibt vor Empörung die Luft weg, wenn ich diesen Beitrag zum unsäglichen Verhalten von Ex-Verteidigungs- und in Bälde Ex-Arbeitsminister Jung im Tagesspiegel lese. Besonders der folgende Ausschnitt ist unfaßbar:

… Offenbar hat das Verteidigungsministerium in den Wochen vor der Bundestagswahl massiven Druck auf Mitarbeiter des Hauses und im Bereich der Bundeswehr ausgeübt, die internen Berichte über den Hergang der Nato-Angriffe zu verschweigen. In Parlaments- und Regierungskreisen war am Freitag von der Androhung sofortiger Entlassung bis hin zu strafrechtlichen Folgen die Rede. Demnach sollen mehr als ein Dutzend Mitarbeiter von der Existenz der Berichte gewusst haben….
… Ob Jung selbst angeordnet hat, die Mitarbeiter wegen der bevorstehenden Wahl zum Schweigen zu verpflichten, ist nicht bekannt. Klar ist allerdings, dass die CDU massive Stimmverluste hätte befürchten müssen, wenn zuvor herausgekommen wäre, dass Jung öffentlich Zivilopfer abgestritten hat, obwohl er Hinweise auf das Gegenteil hatte. Genauso offen ist bisher, ob das Kanzleramt und das Außenministerium unter Steinmeier davon wussten…

Das ein Ministerium bzw. ein Minister so mit seinen Mitarbeitern und der Öffentlichkeit umgeht ist ein Skandal. Und ebenso deutlich ist zu fragen ob davon eigentlich die Ex-Kabinettskollegen und die Bundeskanzlerin wußten. Falls sie von diesen Vertuschungsmaßnahmen wußten ist es in der Tat eine Staatsaffäre.

Schafft die SPD eine fortschrittliche Netzpolitik?

Konservative, rückwärtsgewandte Politik betont die vermeintlichen Risiken des Internets um damit damit den Abbau der Privatsphäre zu legitimieren; sie versucht durch Entscheidungen ökonomische Knappheiten zu konstruieren um u.a. die Investitionen ihrer Klientel in darbende Industrien zu retten; damit einhergehender gesellschaftlicher Ausschluß der Vielen von Information und Wissen ist ihr Metier.
Das kann keine fortschrittliche Politik sein, ist aber beispielsweise mit zahlreichen beschlossenen Überwachungsgesetzen und dem geforderten Leistungschutzrecht für diejenigen, die keine Urheber sind,  offizielle Politik der SPD zumindest bis zum 12.11.2009.
Man traut ja seinen Ohren nicht, Olaf Scholz spricht in seiner Rede auf dem Bundesparteitag der SPD in Dresden vom „digitalen Lebensgefühl“ der (jungen) Generation und von „Chancen im Internet“, in abgewandelter Form hört man so etwas auch in der Rede von Andrea Nahles. Hubertus Heil spricht sich gar gegen die von der SPD bei 3 Gegenstimmen aus der Fraktion im Bundestag mitbeschlossenen Netzsperren der Zensursula aus.
Das überrascht den interessierten Netzbewohner positiv, läßt ihn aber zweifelnd zurück. Die Glaubwürdigkeit der SPD ist auch in diesem Politikbereich im Keller. Die Partei wäre klug beraten diesem Politikfeld mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das Internet bietet durch fallende Grenzkosten Chancen zu einer kostengünstigen und damit umfassenden Teilhabe an Information, Wissen u.v.m für jedermann. Es greift ein in die Arbeitswelt, schafft neue Arbeitsformen und  verändert ein Teil der Erwerbsbiographien. Neue Kreative sei das Stichwort. Hier wäre eine hervorragende Gelegenheit den über 10 jahre alten parteipolitischen Slogan von „Innovation und Gerechtigkeit“ Wirklichkeit werden zu lassen.
Der Beschluß auf dem Bundesparteitag zur Netzneutralität stellt da einen wichtigen Baustein dar. Hinzukommen muß die konsequente Höhergewichtung von Privatsphäre und Freiheit im Gegensatz zu Zwang und Kontrolle. Der angenommene Leitantrag des ehemaligen Bundesvorstands ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nur ist Papier bekanntlich geduldig und diese Beschlüsse müssen mit Leben erfüllt werden und ein Umdenken gerade in den Köpfen der Entscheidungsträger sollte einsetzen.
Eines ist höchst wahrscheinlich, nach dem Parteitag werden Diskussion und Beschlußfindung offener und transparenter sein, auch netzpolitische Entscheidungen werden nicht mehr so einfach von oben aufgezwungen werden können.
Die SPD hat heute bereits Mitglieder auf den unterschiedlichsten Ebenen der Partei, die die positiven und emanzipatorischen Seiten des Internets, schätzen und vertreten. Sie scheinen zur Zeit disparat und unverbunden nebeneinander zu agieren.
Im Bundesvorstand wird sich Björn Böhning dieses Themas annehmen, sicherlich unterstützt ihn dabei sein Vorstandkollege Thorsten Schäfer-Gümbel.
Mir ist zwar nicht klar ob er noch existiert aber der vom Parteivorstand eingerichtete Onlinebeirat vereinigt 20 kompetente Persönlichkeiten, die in der Onlinewelt zuhause sind und auf deren Rat die Parteiführung keineswegs verzichten sollte, so sie ihre ruhenden Mandate wieder aufnehmen.
Ein relevanter Kreis von Menschen, die sich als Webmaster an der Basis der Partei bestens in Technik und und gesellschaftlichen Auswirkungen des Internets auskennen sind die Websozis. Auch sie können m.E. politischen Input in die innerparteiliche netzpolitische Diskussion liefern.
Sicherlich ist diese Aufzählung der netzaffinen Personen und Gruppen nur ein  sehr kleiner Ausschnitt und meiner Unkenntnis des gesamten Innenlebens der Partei geschuldet.
Insgesamt ist Netzpolitik offensichtlich noch kein sozialdemokratisches Hypethema, doch ist dieser Bereich ein Zukunftsthema, dessen Deutungshoheit nicht dem politischen Gegner überlassen werden darf. Der Zulauf zu den Piraten, die ich eigentlich als Fleisch vom Fleische der Sozialdemokraten sehe, ist das mahnende Ergebnis einer vernachlässigten und verfehlten Politik.
Auch wenn das Thema, ähnlich wie in der Gesellschaft, nur ein Randthema in der Partei ist bieten sich der SPD gute Chancen eine fortschrittliche Netzpolitik zu schaffen, sie muß sie nur ergreifen.

Gastblogger auf dem SPD Bundesparteitag in Dresden

Ein Mitglied des Parteivorstandes der SPD hat mich als Gastblogger zum Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Dresden eingeladen. Dies hat mich überrascht, sind meine Beiträge in diesem Blog über die Politik der SPD nicht unbedingt freundlich ausgefallen. Andererseits freut mich diese Einladung, scheint doch Interesse an einer kritischen Begleitung und einem kritischen Dialog zu bestehen.
Eine erste, sehr oberflächliche Sichtung des zu verabschiedenen Antragspakets im Umfang von 256 Seiten (hoffentlich haben die Delegierten auch alles durchgelesen) habe ich durchgeführt und gestehe nur die 3 Seiten umfassenden Anträge zur Medienpolitik vollständig gelesen zu haben.
Der Leitantrag des Bundesvorstandes sorgte zwar schon im Vorfeld von erregtem Interesse in der Presse, scheint man doch eine kritische Sicht auf Entscheidungen der Regierungszeit bis hin zur ihrer Abkehr zu vermuten.

Diesen Eindruck teile ich nicht. Einige Passagen deuten auf echte kritische Auseinandersetzung hin, andere, die insbesondere Gründe für die Wahlniederlage thematisieren, fallen in den alten Politiksprech wonach die Partei recht habe, der Wähler aber unfähig sei dies zu begreifen. Da scheint noch Umdenken notwendig. Jeder mag sich durch Lesen des obigen Dokumentes seine eigene Meinung bilden.

Vom Parteitag werde ich als Parteiloser sicher fair und kritisch berichten, wie viele Beiträge es werden lasse ich offen. Ich freue mich auf Gespräche, Hintergrundinformationen und darauf viele Menschen kennen zu lernen.

Jako bewegt sich auf Trainer Baade zu

Die Jako AG bewegt sich in dieser unerfreulichen Angelegenheit mit einer Pressemitteilung auf Trainer Baade zu. Dieses ist eine erste sehr gute Reaktion und es bleibt zu hoffen, daß weitere Gespräche mit dem Trainer stattfinden um die Sache endgültig aus der Welt zu schaffen.
Wie schwer der Schritt für das mittelständische Unternehmen gewesen sein muß ist wiederum auf allessaussersport zu lesen. Beim Lesen des Artikels erklären sich Tenor und Inhalt der Pressemitteilung, die bei vielen zu Kritik geführt haben. Ich stelle mich in diese Kritikerreihe, denn einige Passagen sind schwer nachvollziebar. Auf der anderen Seite möchte ich nach diesem Schritt für etwas Geduld mit dem Unternehmen werben. Allein der Blick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates offenbart nicht unbedingt der Weltläufigkeit, sondern erinnert eher an die Struktur eines lokalen Honoratiorenvereins. Will sagen, man sollte dem Unternehmen bei aller berechtigten Kritik eine Chance geben zu lernen und damit Prozesse umzustellen, Kommunikation zu verändern. Dies geht sicher nicht von heute auf morgen aber bestimmt auf mittlere Sicht.
Das Wichtigste aber ist, daß der Trainer mit dem Unternehmen seinen Frieden machen kann.

Ihr schlimmster Kunde ist ihr bester Freund

So titelt Jeff Jarvis in seinem Buch „Was würde Google tun?“ auf Seite 39 ein Kapitel, daß mit moderner Unternehmenskommunikation im Internet beschäftigt. Deutsche Unternehmen tun sich teilweise sehr schwer mit dieser Einsicht, wie das aktuelle Beispiel der JAKO AG zeigt, dokumentiert von Kai Pahl auf den Seiten AllesausserSport. Der Sportbekleidungshersteller JAKO überzieht den Blogger Trainer Baade mit Abmahnverfahren.
Die Alternativen sind so offensichtlich, falls JAKO überhaupt meint, es müsse auf einen kritischen Artikel reagieren. Man hätte dem Trainer per Mail ein Gesprächsangebot machen können, ein Telephonanruf wäre nicht schlecht gewesen, ein Kommentar in seinem Blog zwingend. Über diesen Respekt, der damit dem Trainer zuteil geworden wäre, hätte er sicherlich, durchaus positiv, berichtet.
Und eines ist ebenfalls klar, das Unternehmen hat immer noch die Chance dieses PR-Desaster zu seinen Gunsten zu wenden. Lernfähigkeit zeigen, mit dem Trainer reden, den Fehler zugeben, ein Unternehmensblog einrichten, sich mit Sportbloggern austauschen. Es ist schier unfaßbar, daß ein Unternehmen, welches seinen Markt eher im Breitensport sieht und sich mit Sponsoring beschäftigt, im Internet stumm ist. Mit Sprachlosigkeit werden Chancen vergeben. Und wenn sich JAKO entschließt im Internet Gespräche führen zu wollen, dann bitte nicht über Marketing- oder PR-Abteilungen, das Unglück wäre vorprogrammiert.
Aber soweit scheint man noch lange nicht zu sein. Die Ruhrbarone berichten über eine erste Reaktion, die eher hilflos erscheint: „Alles nur ein Mißverständnis“.

Das Moleskine-Projekt und die Zensursula eines Reinigungsmittelherstellers

Mein Twitteravatar hatte die Ehre von Michaela von Aichberger im Rahmen ihres Moleskine-Projekts künstlerisch verewigt zu werden. Natürlich bin ich darüber mächtig stolz und finde ihre Idee und Umsetzung, Follower zu malen sehr gelungen. Natürlich sind mir ihre Tweets ein stetiger Quell der Freude und ich empfehle Michaela, die unter dem Pseudonym Frauenfuss twittert, gerne weiter. Passend zum Outfit meines Twitteravatars, der Michaela an die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert, hat sie ihre Zeichnung mit den damals sehr beliebten, als Aufkleber erhältlichen Blümchen eines Reinigungsmittelherstellers gestaltet. Heute sind sie nicht mehr im Verkauf und so hat sich Michaela für ein paar Aufkleber direkt an die Firma gewandt, die ihren Wünschen entsprach. Jedoch fand das Kunstwerk keine Gnade vor der dortigen Pressestelle und die Künstlerin wurde aufgefordert das Kunstwerk zu überarbeiten.

horax im molsekine-project version 1 (c) 2009 www.michaela-von-aichberger.de
horax im molsekine-project version 1 (c) 2009 http://www.michaela-von-aichberger.de

Was ist der Stein des Anstoßes? Dieses sollte der geneigte Leser selber herausfinden, hier ist eine „autorisierte“ Version:
horax im molsekine-project version 1 (c) 2009 www.michaela-von-aichberger.de
horax im molsekine-project version 2 (c) 2009 http://www.michaela-von-aichberger.de

Von dieser Stelle aus nochmal herzlichen Dank für diese wunderbaren Zeichnungen an Michaela von Aichberger. Und liebe Presseleute, bleibt locker, Toleranz zahlt sich aus.

Zensur im Web – die chinesische Methode

Zum heutigen 20. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens scheint die chinesische Führung das Internet als einen nicht geheueren Ort der Freiheit, der Aufklärung, des Widerspruchs und anderer gefährlicher Machenschaften zu sehen, denn kurzerhand wurden schon seit einigen Tagen Webseiten gesperrt. Darunter befinden sich populäre Dienste wie z.B. Flickr, oder Twitter. Ebenfalls seit gestern ist mein eigener Account bei dem chinesischen Twitterklon fanfou.com gesperrt.

Sperrung meines fanfou-Accounts
Sperrung meines fanfou-Accounts

Natürlich gab es dazu auch eine offizielle Begründung des Dienstes, der diese Sperrung als Maintenance deklariert.

Diese Art der Zensur bleiben hoffentlich untaugliche Mittel von Diktaturen, die sich so schnell wie möglich auflösen. Für die deutsche Politik gibt es in Sachen Internet nichts, aber auch gar nichts in China zu lernen.