Unsere Kaffeemaschine ist eine olle Kruke, über sieben Jahre alt, so ein weißes Standardgerät von Severin mit zwei Thermokannen, jeweils acht Normtassen fassend. Wir benutzen zum Kaffeekochen naturbraune, ungebleichte Filtertüten der Größe 4.
Vor ein paar Wochen kam die Holde auf die Idee jeden Kaffeefilter zweimal zu benutzen und bat mich dieses ebenfalls zu tun. Die beiden Gründe, ökologische und pekuniäre Sparsamkeit sind einleuchtend. Dissens gibt es nicht, dann also einfach machen. Die Überraschung folgt auf dem Fuß, denn eine Verhaltensänderung ist für mich gar nicht so leicht. Wenn ich morgens die zweite Kanne Kaffee aufsetzte, hatte ich die Bitte völlig vergessen und eine neue Filtertüte benutzt. Die Holde mußte mich also erinnern und mahnen. In meinem Leben habe ich sicher hunderte von Kannen Kaffee gekocht, immer im gleichen Muster: Kaffeekanne spülen und Wasser auffüllen, alten Kaffeefilter entsorgen und neuen einsetzen, den Kaffee löffelweise abgezählt in den Filter geben. Ein Verfahren, das sich scheinbar tief in des Gedächtnis gegraben hat und automatisch abgerufen wird. Wie gesagt, trotz Einsicht in die Bitte und dem Wollen so zu verfahren, ging die Handlung schief. Es klingt vielleicht seltsam aber ich habe mir angewöhnt sobald ich mich zum Kochen der zweiten Kanne entschließe leise vor mich her zu murmeln: „Filtertüte drinnen lassen! Filtertüte drinnen lassen!…“. Das funktioniert eigentlich hervorragend. Heute morgen gibt es jedoch eine interessante Situation. Kurz nachdem ich mein Sprüchlein so vor mich hin murmele spricht mich die Holde an und wir reden über irgendein Thema und auf einmal halte ich die alte Filtertüte in der Hand und habe sie fast in den Mülleimer verbracht, da wird mir schlagartig die Situation bewußt und ich kann die Handlung unterbrechen.
Selbst das Reinigen meiner Okkulare scheint tief in meinem Gedächtnis eingegraben zu sein: Griff an die rechte Schranktüre unter der Spüle, Spülmittel herausnehmen und ein, zwei Tropfen auf die Gläser geben, verteilen, abspülen, trocknen. Selbst wenn das Spülmittel neben der Spüle steht und ich es tatsächlich sehe, greife ich vielfach automatisch nach unten zum Öffnen der rechten Schranktüre.
Vermutlich sind das Handlungen, die nach Daniel Kahnemann in der Art des sogenannten System 1 durchgeführt werden, also „schnell, automatisch, immer aktiv, emotional, stereotypisierend, unbewusst„. Völlig klar, daß diese Art, wie das Gehirn denkt überlebensnotwendig ist. Da dies zu meinem Leben gehört scheint es sehr wahrscheinlich, daß ich in Situationen gerate in denen das resultierende Handeln paradox oder kontraproduktiv ist. Und ich es dabei nicht mal wahrnehme. Wie ich dies erkennen kann, das wäre jetzt aber mal eine spannende Antwort.
5 Gedanken zu “Filtertüten verwirren mich”
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