Begebe ich mich am Sonnabend in der Frühe für den Wochenendeinkauf in die „Lebensmittelabteilung des Vertrauens in der Stadt“, so benutze ich diejenige Rolltreppe im Gebäude, die im gewünschten Geschoß vor den Backwaren endet und erstehe ein Ciabatta natur.
Das Ciabatta unterscheidet sich von anderen Brotsorten. Das Baguette mit geringer Porung ist ein wunderbarer Träger für Leberpasteten und kleine feine Leckereien – das klassische „Schnittchen“. Das Mischbrot, auch vielfach Graubrot genannt, hat ebenfalls eine geringe Porung, in seiner einfachsten Darreichungsform ist es ein Butterbrot, auch Bemme oder Stulle genannt. Das Graubrot hat in seinem Namen mit „Grau“ eine Eigenschaftsbezeichnung, die auf etwas Trübes, Tristes hinweist. Das „Grau“ steckt auch in den „Grauen Herren“, die die Menschen in Michael Endes Roman „Momo“ um die Zeit betrügen. Auf die Fläche des Graubrotes läßt sich einfach die Butter streichen, darauf Wurstscheiben legen, mit etwas Senf bestreichen, ein Gürkchen und ein Sträußchen Petersilie obendrauf drapieren. Diese Installation läßt sich noch bequem zusammenklappen und im Gehen essen, es wird Zeit gespart. Effizienz!!
Das Ciabatta ist nun das ganze Gegenteil mit seinen eigenwilligen Innereien. Die Porung ist asymmetrisch und höchst gröblich, selbst in der Tiefe eines Laibs können sich bis an die Kruste reichende Höhlungen befinden. Ein zuverlässiges Bestreichen und Belegen ist so unmöglich.

Das Ciabatta ist unvorhersehbar und zwingt den Esser zum „dazu-Essen“. Möglicher Belag wird auf dem Teller plaziert, mit Besteck gegessen und wenn von der Brotscheibe abgebissen werden soll, wird das Besteck beiseite gelegt. Das Ciabatta verformt die Zeit des Essens, es gibt die Zeit zurück.
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