Wird das Ergebnis der Mitgliederbefragung das Bestehende bestätigen? Der Abstieg in die Bedeutungslosigkeit würde denkbar werden. Singend, Seit‘ an Seit‘ schreitend der Rückzug des Politischen aus der Politik. Die Selbstaufgabe einer Partei…
Schlagwort: Aufklärung
Über Autofreie Sonntage
1973 gab es Autofreie Sonntage. Die Politik hatte sie beschlossen, da Öl knapp zu werden drohte. Einfach so beschlossen. Was ging damals, das heute nicht mehr geht?
Über den symbolischen Körper
Das 21. Jahrhundert. Demokratie ist die Herrschaftsform in Europa. Die Zahl, das Rechenbare strukturiert zunehmend die Gesellschaft und droht sich selbst zum Mythos zu machen. Da verwundert es nicht wenn die Leerstelle der Macht in der Demokratie in Frage gestellt wird. In Frage gestellt durch die Behauptung der Existenz eines symbolischen Körpers der Kanzlerin. Nicht anders sind die maßlosen Fragen zu ihrem Gesundheitszustand zu deuten. Auch dies ein weiteres Indiz zu einer Etablierung eines zeitgenössischen Mythos.
Über die (politische) Talkshow
Der Begriff besteht aus zwei Teilen: Talk und Show. Reden und Spektakel. Ein Spektakel war die politische Talkshow der Jahrtausendwende – Christiansen. Medial wurde hier die Neoliberalisierung des Landes begleitet. Das ökonomische Prinzip ist spätestens seitdem in jede Pore des gesellschaftlichen Lebens eingesickert. Der Stolz auf den ÖRR speist sich einerseits auf die Idee der Staatsferne, andererseits auf die Idee des Fehlen der Meinungsmacht Einzelner, einer gewissen Kapitalismusferne. Trotzdem wirkte die politische Talkshow toxisch. Wie konnte das geschehen? Und was bedeutet das für bestehende Formate?
Über Jobtitel
Kurze und einfache Jobtitel weisen auf diejenigen hin, die etwas zu sagen haben. Diejenigen mit langen und verschwurbelten Jobtiteln sind diejenigen, die gerne etwas zu sagen hätten aber nur aufgeblasene Egos vorweisen und damit ihre mangelnde Autorität kompensieren.
Über don’t meet because it’s Thursday
Das Wort „Leadership“ bewirkt eine Gänsehaut und das Zusammenziehen der Nackenmuskulatur. „Führung“ ist eine personifizierte Form des gesellschaftlichen Drucks, „Führungsprinzipien“ ihre Anwendung.
„Don’t meet because it’s Thursday“ ist ein negativ formuliertes „Führungsprinzip“. Nicht die Geschäftigkeit, nicht die Anwesenheit zählen. Auch die beliebten Sätze – das haben wir immer schon so gemacht; das haben wir noch nie gemacht – die Killer- und Todschlagphrasen jeglicher Veränderung werden damit negiert. Empirisch wird das Prinzip obstruiert indem Arbeitsprozesse so gestaltet werden, daß Geschäftigkeit und Anwesenheit doch trotz gegenteiliger Verlautbarung wieder als wesentliche Faktoren gesehen werden. Und Beharrungskräfte in der Organisation nehmen gemeinhin die Stärke der Gravitation Schwarzer Löcher ein. Trotzdem, das Prinzip bietet Chancen, denn es läßt Raum für das Finden von unbekannten Lösungen. Die Frage ist nur, in welcher Konstellation innerhalb der Organisation es sich verwirklichen läßt?
Über disagree and commit
Das Wort „Leadership“ bewirkt eine Gänsehaut und das Zusammenziehen der Nackenmuskulatur. „Führung“ ist eine personifizierte Form des gesellschaftlichen Drucks, „Führungsprinzipien“ ihre Anwendung.
„disagree and commit“ hat seine eigene Rationalität zur Handlungsfähigkeit von Organisationen: Widerspruch muß stattfinden können sonst ist zu viel Dampf im geschlossenen Kessel, Commitment soll die Entscheidung absichern, „disagree und commit“ soll den Entscheidungsprozeß beschleunigen in einer Welt voller Menschen, die sich selbst für aufgeklärt und wissend halten und in der „par ordre di mufti“ kein Entscheidungsprinzip mehr sein kann. Aber ist „disagree and commit“ nicht auch nur ein fahler Schein vermeintlich autonomen Handelns und die Zustimmung zu diesem Prinzip eine Hinwendung zu noch mehr Heteronomie?
Über das Surprenieren
Sprache kann überraschen, kann Rätsel aufgeben, gebiert Wohlklang. In einem Text über Leibniz wird folgendes wiedergegeben: Liselotte von der Pfalz schreibt in einem Brief an den Hannoverschen Oberstallmeister Christian Friedrich von Harling zum Tode von Gottfried Wilhelm Leibniz, dass sie der „schleunige tod von dem armen herrn von Leibniz surpreniert“ habe.
Surpreniert meint „überrascht“ und kommt von dem Alt-Französischen „sorprendre“.
Surprenieren ist ein wohlklingendes Wort, so aus der Welt gefallen und einfach schön. Es sollte mehr auf Twitter genutzt werden.
Urteilen braucht Zeit – auch in der SPD
Das nenne ich mal Geschwindigkeit, nur vier Wochen nach der krachenden Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl gibt der Parteikonvent grünes Licht für Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU. Das überrascht mich schon etwas. Nicht etwa, weil im Wahlkampf etwas anderes gesagt wurde, Wahlkampfaussagen sind für viele Wähler, auch für mich, Aussagen in Form des allgemeinen Billshitbingos, sondern weil eine fundierte Analyse des mageren Ergebnisses noch nicht vorliegt. Ich halte es schon für wichtig die Gründe dieses Ergebnisse zu kennen um darauf aufbauend überhaupt fundierte Entscheidungen in Richtung Koalitionsverhandlungen treffen zu können. Wenn also Sigmar Gabriel unser aller Willy Brandt in der folgenden Art und Weise interpretiert:
Also der, der die Deutungshoheit über die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen besitzt. Der steht in der Mitte der Gesellschaft. Willy Brandt wusste das. Er wusste, dass man diese Deutungshoheit erobern muss: von links, mit emanzipatorischen Antworten auf die Herausforderungen der Zeit.
und diese Interpretation seine Richtigkeit hat, dann sind die 26% der Wählerstimmen weder ein Indikator dafür die Mitte der Gesellschaft erreicht zu haben sondern ein sehr dünnes Ergebnis noch ein Indikator dafür die Deutungshoheit über die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu haben. Es bedarf also gründlichster Ursachenforschung des Wahlergebnisses. Und dann ist man für eine mögliche Koalition gerüstet. Aber sich den Gründen klar zu werden braucht Zeit, so wie jegliches Urteilen Zeit braucht, auch in der SPD, sonst wird das nichts.
Aber vielleicht sehe ich das ja grundfalsch weil ich die Politik von Volksparteien nicht verstehe.
Publizität muß gewollt werden
Wie würde eigentlich Immanuel Kant das Internet finden, wäre er begeistert, wäre er entsetzt, wie würde er es nutzen? Ein Interview in der FAZ mit dem Philosophieprofessor Markus Gabriel nähert sich der Frage an. Ich empfehle den Artikel im Ganzen zu lesen. Er beleuchtet Kants Konzept der Öffentlichkeit, das sich im Internet in neuer Weise bildet. Einerseits positiv gesehen als Manifestation einer umfassende Öffentlichkeit, andererseits mit einer Geschwindigkeit und in einer Intransparenz, die die Urteilskraft beeinträchtigen kann. Diese Gedanken möchte ich vorausschicken um mit ihnen im Hinterkopf eine staatliche Praxis zu betrachten, die orthogonal zu Kants Öffentlichkeitsgedanken steht.
Umfangreiche Abhörmaßnahmen wie Prism und Tempora amerikanischer und britischer Geheimdienste, die die internationale Kommunikation betreffen werden mit Hilfe von Kants Rechts- und Geschichtsphilosopie kritisch beleuchtet. Sowohl Thomas Stadtler als auch Erbloggtes nehmen sich der kritischen gesellschaftlichen Sichtweise Kants an und analysieren das staatliche Handeln. Es ist sicher keine Überaschung, daß beide zu dem Schluß kommen, daß dieses staatliche Handeln Unrecht im Sinne Kants ist und ich mich ihrer Sichtweise anschließe. Allerdings gibt es meines Erachtens noch eine vorgelagerte, individuelle Ebene, die noch zu betrachten wäre.
Dazu möchte ich Jens Best sinngemäß zitieren, der erst neulich bemerkte, daß die Meinungsfreiheit in Deutschland nicht wohl gelitten sei. Dies bringt mich zu Kants kurzem Aufsatz Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Zu Beginn des Texte stehen die berühmten Sätze:
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.