Xerotisch und strunzdumpf ist die Moralisierung der „Mitte“ als „fleißige“ durch den institutionellen politischen Liberalismus in Deutschland.
Schlagwort: ökonomie
Über Twitterlisten
Obwohl ich Listen in Twitter unnötig fand – die Beschäftigung damit würde Twitter zuviel Bedeutung zuschreiben – habe ich schließlich doch einen Set Listen eingerichtet. Die Listen sind themenspezifisch und auf privat gesetzt. Einige Listen konzentrieren Accounts und die Informationen weil das Thema relevant ist. Der Zugriff wird erleichtert. Andere Listen invisibilisieren Accounts und die Informationen weil das Thema zwar nicht unbedingt irrelevant ist aber spezifisch sehr viel Rauschen erzeugt. Das erleichtert das Lesen der Timeline ungemein. Ein Feature benutze ich schon länger für die Selbstsorge, das der stummgeschalteten Worte. Es ist hochwirksam…
Über Seniorität
„Ich habe den goldenen Knoten des Ehrgeizes durchhauen, um meine Freiheit zurückzugewinnen.“
Peter Paul Rubens (1634)
Über die neuen Lockerungen im Shutdown
Geradezu auffällig ist – die Politik hat aufgegeben. Der Schutz des Kollektivs in der Pandemie bröckelt. Er bröckelt nicht nur, er wird bewußt unterminiert denn klar ist, jede aufgehobene Schutzmaßnahme läßt die Infektionszahlen steigen. Die Politik tut also das, was sie immer tut, wenn sie nicht mehr weiterweiß und zudem den Einflüsterungen der Wirtschaft folgt: sie versucht die Verantwortung auf das Individuum zu schieben und sich so von Folgen freizusprechen. Das sollte nicht durchgehen, im September ist Wahltag.
Fällt also das Kollektiv aus, muß sich das Individuum behelfen. Das ist leider zwangsweise so und wird nicht vergessen werden. Was werden wir unter Ungewißheit tun bis eine Impfung schützend wirkt? Wir haben uns 4 Punkte fixiert:
- A-H-A Regeln weiter einhalten, Lüften
- Corona-App und Kontakttagebuch nutzen
- Physische Kontakte noch stärker reduzieren
- Fremde Räume möglichst meiden und/oder die Aufenthaltsdauer dort minimieren
Über dreimal Produktion und Heute
Bemerkenswert beschreibt Walter Rathenau schon 1912 das Gewicht der Wirtschaft anhand des Bauens – des Er- und Umbauens der modernen Großstadt (Gesamtausgabe Band II, 1977, S. 93):
„Wozu nun dienen diese unerhörten Bauten? Zum großen Teil dienen sie direkt der Produktion. Zum Teil dienen sie dem Verkehr und Handel, somit indirekt der Produktion. Zum Teil dienen sie der Verwaltung, der Wohnung und der Gesundheitspflege, somit vorwiegend der Produktion. Zum Teil dienen sie der Wissenschaft, der Kunst, der Technik, dem Unterricht, somit indirekt … noch immer der Produktion.“
Viermal Produktion aus unterschiedlichen Blickwinkeln – die Dynamik der Ökonomie sickert ins Betonierte, manifestiert sich im Steinernen, im Erstarrten. Gut 110 Jahre später in der Pandemie wird über nichts Wichtigeres geschrieben oder gesprochen als über „die Wirtschaft“ – und die „Entfesselung“ der nicht einmal stillgestellten Ökonomie. Ökonomie wird wahnhaft betrachtet. Sie kollabiert wenn keiner mehr da ist der konsumiert.
Über eine Knechtschaft
Die Knechtschaft seiner selbst ist die schlimmste, allgegenwärtig und doch zu überwinden. Den Schritt Verpflichtung – Verschuldung seiner selbst gilt es zu nicht zu gehen. Sich selbst für durchgeführte oder nichtdurchgeführte Handlungen eine Belohnung zu geben ist zu unterlassen.
Über eine Bewegung
Philosophie ist eine Bewegung, mit deren Hilfe man sich […] von dem freimacht, was für wahr gilt, und nach anderen Spielregeln sucht.
Foucault
Über Anpassung
Kein sonnabendliches Frühstück an der Tschechischen Bierbar? So what… Kein freitagliches Biertrinken mit den Kumpels? Schade, aber nun denn… Sonnabendliches Frühstücken und freitagliches Trinken guter Biere schmecken zuhause.
Nicht mehr mit den Öffentlichen fahren? Laufen ist gesünder. Kein Gasthörerdasein im Sommersemester? Der Bücherschrank ist reichlich bestückt und Onlinevorlesungen gibt es genug.
Kein Besuch bei der betagten Mutter? Das ist ambivalent, den Kümmerimpuls zu unterdrücken und das schlechtes Gewissen abzuschließen verlangt Vernunft und Kraft; ist anstrengend.
Erstaunen und Unverständnis wenn Menschen, deren Mantra Liberalität und Vernunft schien, sich vehement für den Ausnahmezustand erklären. Hier ist das Nichtmitmachen erste Bürgerpflicht.
Über Technik und Liebe
Zitat Adorno aus „Erziehung nach Auschwitz“ in Kulturkritik und Gesellschaft II, stw, 2018, Seite 686:
„Bei dem Typus, der zur Fetischisierung der Technik neigt, handelt es sich, schlicht gesagt um Menschen, die nicht lieben können.“
Wird „der Technik“ durch „des Digitalen“ ersetzt, beschreibt das einen neuen Typus im 21. Jahrhundert.
Über die Ortsabwesenheit
Reist ein Mensch für einige Tage an einen anderen Ort ist das möglicherweise ein Urlaub. Urlaub heißt für Arbeitslose „Ortsabwesenheit“. 21 Tage haben sie davon im Jahr. Ortsabwesenheit meint auch Reisen am Wochenende oder an Feiertagen. Das ist von der Arbeitsagentur zu genehmigen. Die Kundïnnen müssen sich Reisen genehmigen lassen – wie gesagt als Kundïnnen – was für eine Camouflage. Offiziell heißt es, die Arbeitsagentur möchte so schnell wie möglich vermitteln. Am Wochenende? Ob die Einschließung bei aller Digitalisierung nicht eher eine Disziplinarmaßnahme ist?