Meine Follower auf Instagram sehen mein 2017 etwas weniger selektiv als das 2016… Oder hab ich andere Inhalte gepostet? Wie dem auch sei … knorke war es auch diesmal.

Felix ist mit Bieren seiner Brauerei Orcabrau in da House und übernimmt vier Hähne für das Wochenende bei Heidenpeters. Schon nachmittags ist die Bar sehr gut besucht, die Wiedersehensfreude auf allen Seiten groß. Und endlich, endlich können wir seine Köstlichkeiten direkt vom Hahn verkosten, Nürnberg ist eben doch ein wenig weiter weg. Felix bietet folgende Biere an:
1. „Brokantie“ Sour Saison 5,2% – mit Sauermalz gesäuert, klassisch mit Herkules, Perle und Saphir gehopft
2. „Brokantie“ sour saison rosmarin/orange 5,5% – mit Sauermalz gesäuert und vor Kochende mit Orangenschalen, Orangensaft und Rosmarin verfeinert
3. „Kirschenwäldchen“ gose style 5,1% – mit Salz, Koriander und mit Sauermalz natürlich gesäuert, gelagert auf Kirschbaumchips
4. „anders!“ Double Pale Ale dry hopped w/ Citra & Mosaic 6,8% – viel Hopfen, wenig Malzsüße, leicht zu trinken
Da Würsteltag ist rät Felix zur Bratwurst das „Brotkanie“ mit Rosmarin und Orange, das sich als ausgezeichnet Wahl herausstellt. Rosmarin und Orange sowie die erfrischende Säure kitzeln aus der Bratwurst die gesamte Köstlichkeit heraus und ergeben so einen hervorragenden Start.
Meine Favoriten sind das „Brokantie“ Sour Saison 5,2% und das „anders“. Das „Brokantie“ mit seiner erfrischenden aber nicht übermäßigen Säure ist ein tolles Bier für die heißen Tage. Das „anders“ überrascht mit einem weißbierhefigen Abgang. Gut zu trinken auch und gerade bei Durst. Nur mit 6,8% ist Vorsicht geboten. Die Biere von Orcabrau lassen den besonderen Stil von Felix Brauweise erkennen. Der ist nämlich eine vorsichte, fast defensive Karbonisierung. (Das galt schon für sein, vor zwei oder drei Jahren privat gebrautes und bereits legendäres auf Bacon gelagertes Ale). Dementsprechend ist der Kohlensäuregehalt gering, ich finde das spannend, kann man die Biere doch anders – intensiver – „schmecken“ und mit ihnen im Mund spielen als bei hohem Kohlensäuregehalt. Orcabraus erstes Tab Takeover in Berlin ist begeisternd.
Ich stehe vor der gläsernen Metzgerei und schaue den Kollegen beim Wursten zu. Und ich habe Glück, sie kreieren eine neue Bratwurst. Eine Bratwurst, halb mit Rind- und Schweinefleisch, dazu Frühlingszwiebeln und die Fleischmasse wird Brlo Porter aromatisiert. Diese Wurst ist ein Versprechen aber sie bereitet auch Kopfzerbrechen – welches Bier begleitet hervorragend wenn kein Porter zur Hand ist?
„On Tap“ sind sechs Biere, von denen ich zwei sofort exkludiere. Die Thirsty Lady und das Gastbier, ein Sauerbier, werden dem eigensinnigen Aroma der Wurst nicht gerecht werden. Das heutige Mosaic Session IPA ist sehr floral, der Grund des Fasses ist erreicht, das „Dicke“ wird ausgeschenkt. Es zeigt sich zaghaft und wird den Geschmack nicht unterstützen wollen. Das IPA, mein Freund Mäx nennt es das Holunderblütenbier, ist blumig aber mit schönen Blumen ist der Rauheit der Wurst nicht beizukommen. Das New England IPA hat stramme 7% ist aber fragil zur Dominanz der Wurst. Allein das American IPA mit einer ungestümen Hartnäckigkeit ist einereits in der Lage dem Aroma der Wurst Paroli bieten zu können und andererseits unkonventionell genug eben dieses Aroma zurückhaltend aber vortrefflich zu unterstützen.
Brewdog Berlin Mitte hat ein interessantes Takeover. Neuseeländische Brauereien präsentieren ihre Biere. Ich stehe hilflos vor der Tafel, denn ich kenne weder die Brauerein noch läßt sich aus der überwiegenden Mehrheit der angebotenen Genüsse nicht unbedingt Sorte und Brauart erschließen. Ich frage die Barfrau um Rat, genauer gesagt ich frage welche sie am liebsten trinkt und bitte sie mir einen „Flotten Vierer“ nach ihren Vorlieben zusammenzustellen. Das Ergebnis ist köstlich.
Ich trinke nach Rücksprache mit der Barfrau in folgender Reihenfolge:
1. Hippy Berliner von 8 Wired mit 4%, sehr erfrischendes Sauerbier
2. Saison Sauvin von 8 Wired mit 7%, ein schönes Saison, bananig hopfig
3. Gunnamatta von Yeastie Boys mit 6,5%, ein IPA mit Earl Grey (aromatisiert, wunderbar zitronig, mild, einfach rund
4. Big Smoke von 8 Wired mit 6,2%, ein Porter, allerdings ein wenig zuviel Rauch
Beim nächste Takeover werde ich wieder dabei sein.
Bestimmt gibt es ernsthafte kulturhistorische Betrachtungen der Cocktailstunde. Mir selbst ist die Beschreibung der Cocktailstunde eher aus der Literatur, genauer gesagt aus der Krimiliteratur bekannt. Ich denke an Agatha Christie und Hercule Poirot. Meist treffen sich Menschen zu einer mehr oder weniger festgelegten Uhrzeit, meist bevor es das Dinner beginnt und der weitere Abend in unterschiedlicher Form verbracht wird. Sie nehmen ein paar Cocktails und unterhalten sich.
Die Cocktailstunde erlebe ich selber meist im Urlaub, einmal die Woche aber auch in der Gastronomie in der Nachbarschaft. Zur Cocktailstunde nehme ich grundsätzlich zwei Runden, bestehend aus einem Bier für den Durst und einem Cocktail für den Geschmack. Entgegen der Üblichkeit verbringe ich die Cocktailstunde allein, ohne Gespräch mit anwesenden Personen. Ich lese Zeitungen, die ich nicht abonniert habe oder bringe ein Buch mit.
Bei Letzterem findet also ein Gepräch mit dem Autor statt oder ein Gespräch zwischen mir und mir selbst über das Gelesene.
Die meiste Zeit jedoch ist die Cocktailstunde reine Kontemplation, völlig aufmerksamkeitslos, mit frei flottierenden Gendanken.
Wir waren zu früheren Zeiten ein sehr karnevalaffines Unternehmen, an dem zum Wieverfastelovend Kölsch gereicht und selbstverständlich um 11:11 Uhr der WDR-Livestream aus den rheinischen Karnevalhochburgen gesehen wurde. Dazu waren wir kostümiert … Ich selber bin Rosenmontag gerne am Zug in Köln gewesen und schrieb darüber hier, hier, hier und hier. Heute sitze ich, minimal kostümiert, etwas alleingelassen dazu noch ohne Kölsch dafür mit kleinem Pils vor dem Livestream. Aber die gute Laune, die habe ich.
Zum Feierabend hin trinke ich gerne mal ein kleines Bier. Um eine Messung durchzuführen wieviele das in einer bestimmten Zeiteinheit sein könnten setze ich ein strikt analoges Meßinstrument ein – die Kronkorken-Dartscheibe. Auf die magnetische Scheibe werfe ich die Kronkorken, die dort fixiert werden. Mal sehen wann sie voll sein wird.
Bratwürste verkoste ich beim Metzger direkt. Der Metzger kennt sein Produkt, weiß um Bestandteile und Konsistenz und kann so mit Intensität und Dauer des Bratvorgangs das geschmacklich Beste herausholen. Die Black Angus Bratwurst ist ein Angebot der Metzgerei aus der Lebensmittelabteilung des Vertrauens in der Stadt – und sie hat leider keine Grillstelle. Also muß ich selber ran. Der Darm der Bratwurst fühlt sich fest an, sie ist eher locker gestopft. Ich versuche es mit mittlerer Hitze, da ich die Befürchtung habe, daß zu große Hitze die Wurst platzen lassen wird. Dazu röste ich gegen Ende des Bratvorgangs einige Scheiben Ciabatta natur neben der Wurst in der Pfanne an.
Die Wurst hat den charakteristischen Black-Angus-Beef-Geschmack, sie ist gut aber nicht aufdringlich gewürzt und der frische Ingwer tritt klar aber zum Brät hamonierend, hervor. Eine sehr gute Wurst. Dazu nehme ich ein gut gekühltes American Pale Ale, das mit seinen klar definierten Hopfen das Geschmackserlebnis erweitert.
Senf ist zu dieser Bratwurst völli überflüssig.
Wie wird eine fränkische Schweinsbratwurst zur Delikatesse? Einfache Antwort – mit gutem Fleisch und interessanter Gewürzmischung, die von kreativen Metzgern verarbeitet werden. So wird eine fränkische Bratwurst vom hällischen Landschwein mit Ingwer, Macis und Rohrzucker kreiert. Voller Geschmack – da muß ein gutes Bier gegenhalten können. Das Belgian Winter, ein Saison mit Zimt, Sternanis und Nelke kann das in unnachahmlicher Art und Weise. Wurst und Bier spielen auf den gesamten Klaviatur der Geschmackspapillen.
Senf ist bei dieser Wurst völlig überflüssig.