Über ein Sich-Selbst-Verlieren

Ziemlich ungewöhnlich ist es schon: die LTE-Schnittstelle des iPhones hat sich selbst verloren. Wird es angeschaltet oder der Flugmodus deaktiviert kann die LTE-Schnittstelle kein Netzwerk konnektieren. Vier Balken und das LTE Symbol zeigen trotzdem vollen Kontakt. Wird 3G eingestellt und dann auf LTE umgestellt ist der Kontakt da. Desgleich passiert wenn die Wlan-Schnittstelle deaktiviert wird. Also nur wenn zuvor ein anderer Modus aktiv war findet LTE sein Netzwerk.
An dieses Eigenleben des Devices gilt es sich zunächst anzupassen.

Über eine Zugfahrt

Während einer Zugfahrt beantwortet sich die Frage „Was ist typisch deutsch?“ von alleine. Typisch deutsch ist, wenn Reisende mit Reservierung ihren reservierten Platz belegen auch wenn der Wagen leer ist und bessere Plätze verfügbar sind….

Über Autofreie Sonntage

1973 gab es Autofreie Sonntage. Die Politik hatte sie beschlossen, da Öl knapp zu werden drohte. Einfach so beschlossen. Was ging damals, das heute nicht mehr geht?

Über das „zu lang; nicht gelesen“

Das, was kurz sein soll ergießt sich als ungenießbarer Brei vor die Augen des entnervten Publikums: Nutzungsbedingungen, AGBs, Datenschutzerklärungen. Für das Publikum geschrieben wären sie kurz, einfach und klar. Sie sind aber von Juristen für Juristen geschrieben, die sich daran ergötzen, das Publikum liest sie nicht.

In den Sozialen Netzwerken ist Kürze Programm. Die Kürze bedingt teilweise Übles, Gemeines, Dummes.

Was kurz ist in der Literatur wie Miniatur, Fragment, Aphorismus, Essay oder Traktat, zeigt durch die Form besonderen Anspruch. Kleine Formen zu deuten benötigt Kontemplation. Kontemplation ist länglich.

Steckdosen am Strand von Kaua’i

Unsere kleine Gesellschaft fährt die kurvige Küstenstraße vom Kilauea Lighthouse, vorbei an den Strandhäusern der Reichen und Schönen, in Richtung Anini Beach. Wir machen dort eine Lunchpause in einem Pavillon direkt vor dem Strand. Der Pavillon ist zu allen vier Seiten offen, enthält zwei große Tische und vier Bänke aus Beton. An unserem Nachbartisch sitzt ein junger Mann mit einem Ukulelenkoffer und schreibt fleißig in sein MacBook. Irgendetwas an dem Anblick des Schreibenden ist irritierend. Er hat das Ladekabel des MacBooks mit einem Pfeiler des Pavillons verbunden und bei genauerem Hinsehen wirk klar, daß in dem Pfeiler zwei Steckdosen verbaut sind. Insgesamt zwei Pfeiler des Pavillon sind mit Steckdosen ausgerüstet. Steckdosen am Strand im Nirgendwo.

Auch am Strand von Waikiki in Honolulu, sind ähnliche Pavillons verbaut, ob sie allerdings Steckdosen enthalten entzieht sich meiner Kenntnis.

Steckdosen am Strand von Kaua'i
Steckdosen am Strand von Kaua’i

Figuration des Badetuchs

Die Kulturtechnik der Körperpflege ist uralt und wurde bereits von den Ägyptern vor tausenden von Jahren betrieben. In der heutigen Welt und hier insbesondere in Hotels, scheint diese Kulturtechnik auf wundersame Weise aufgespalten zu sein. Als Indiz dafür betrachten wir das Badetuch. Befinden wir uns in unserem ganz persönlichen Bereich – in unserem Zuhause – so verwenden wir nach jeder Gelegenheit des Duschens oder Badens ein Badetuch. Das Badetuch ist groß und sehr weich. Es umschmeichelt unseren Körper, es streichelt uns, es spendet uns Wärme, es liebt uns und unseren Körper ohne Einschränkung. Begeben wir uns auf Reisen und wollen uns nach dem Duschen oder Baden auf dem Hotelzimmer in das Badetuch hüllen so treffen wir auf etwas höchst Unerfreuliches. Das Badetuch hat die Größe eines Taschentuchs, es ist kaum als Lendenschurz zu gebrauchen, es kratzt und duftet oft genug streng nach Desinfektionsmittel. Wir halten uns mit ihm so kurz wie möglich auf, nutzen das bißchen Trockeneigenschaft die es hat und flüchten so schnell wie möglich in unsere Wäsche. Ganz anders tritt uns das Badetuch im sogenannten Spa oder Schwimmbad eben des gleichen Hotels entgegen. Meist in beruhigender hellblauer Farbe, in imposanter Größe und mit einer Weich- und Zartheit, wie wir sie nur von unserem heimischen Badetuch kennen, wird es uns umhüllen. Wie kann das sein? Aufgrund welcher Gründe erscheinen uns unterschiedliche Badetücher und teilen uns in welche Figuration auf?

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Die Sache mit der Jodelei

Beim Lesen in der papiernen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fällt mir ein Artikel über Jodel auf. Was das ist sagt der Link. Zu meiner Überaschung existiert die Applikation seit 2014 und ich könnte Stein auf Bein schwören noch nie von ihr gehört zu haben. Weder in irgendeinem journalistischen Format, der Twittertimeline noch im Gesichtsbuch oder im persönlichen Gespräch bin ich über Jodel gestolpert. Selbst als Gasthörer der FU Berlin ist mir die App dort nicht in den Räumlichkeiten begegnet. Natürlich lade ich sie runter und schaue mir auch einzelne Channel an: Foodporn und FU Berlin könnten interessant sein.

Was mich allerdings verwirrt ist die Tatsache erst heute von der Applikation zu erfahren. Ist das dieses Älterwerden und/oder eine (damit) verbundene selektive Wahrnehmung… ?

Minuten unterschiedlicher Dauer

Ich stehe auf dem U-Bahnhof Hallesches Tor und warte auf den Zug. Vier Minuten bis Ankunft. Die Sonne scheint und so gehe ich zur Erbauung langsam bis zum Ende des Bahnsteigs und wieder zurück. Dies dauert ungefähr zwei Minuten. Die Fahrzeitanzeige zeigt immer noch vier Minuten an. Zwei weitere Minuten vergehen – immer noch vier Minuten bis Ankunft des Zuges. Solche sich dehnenden Minuten kenne ich selbstverständlich aus langer Erfahrung, doch auch der ärgste Skeptiker lernt hier in der Nahverkehrsmatrix die Nichtlinearität der Zeit. Natürlich machte ich auch die Erfahrung in der anderen Richtung: Aus vier oder fünf Minuten wurden im Bruchteil eines Wimpernschlages nur noch eine Minute Wartezeit. Die atmende Zeit ist ein gar faszinierendes Ding.