Wenn der Ranzen nach dem Dinner spannt und die Sättigungsmüdigkeit den Geist ergreift ist nur ein einfaches Bild von Dingen vor dem Haus möglich.

Der Schienenersatzverkehr ist gedanklich eine einfache Sache. Er transportiert die Fahrgäste entlang der Schienen von einem Anfangspunkt zu einem Endpunkt. Dies in beide Richtungen. Anzunehmen wäre, dass mit Ankunft des Schienenverkehrs die Ersatzfahrzeuge bereit stünden um ohne Zeitverzug den Weitertransport zu gewährleisten. Dieses ist mitnichten so. Die in Sichtkontakt fahrenden Busse haben ihre eigene Taktung, die vom Intervall des Schienenersatzverkehrs unabhängig ist. Zwei oder drei Busse fahren, wie gesagt, in kurzen Abständen hintereinander die Haltestellen an und bleiben so in Sichtkontakt. Sichtkontakt zu den Bussen hat damit auch die wartende Menge der Fahrgäste. Und der größte Teil von ihnen drängt auf und in den ersten Bus. Ist das ein massenpsychologisches Handeln? Oder ist das gesellschaftlich induziert indem dem Einzelnen Aktivität oder Hektik als Norm auferlegt wird? Was es auch sei, es bleibt merkwürdig.
Einen Tag nachdem ich die Auftragsbestätigung zum Anbieterwechsel von Telephonie und Internet erhalte verabschiedet sich der Router mit lautem Knall. Lauter Knall deshalb, da die Sicherung rausspringt nachdem die Kondensatoren abgerauscht sind. Da will ich nicht meckern, der Router hat seine zehn Jahre durchgehalten. Mit dem Anbieterwechsel wird auch ein neuer Router kommen, bis dahin spendiere ich uns einen Ersatzrouter für einen schmaleren Euro. Witzig, dieser Zufall, nicht wahr?

Smart Home ist in aller Munde. Ich verzichte auf die Begriffserklärung zu Smart Home und verweise auf einen Artikel in der Wikipedia, der für diesen Zweck genügt. Der überwiegende Teil des Wohnungsbestandes in Berlin sind Mietwohnungen, so auch meine.
Liest man die einschlägigen Artikel in Zeitungen, Fachzeitschriften und sonstigen Publikationen oder beschäftigt sich mit den Broschüren von Smart Home Technologieanbietern so wird schnell deutlich, daß das Smart Home eher als Konsumgut betrachtet wird und der Mieter seine Wohnung mit Eigenkäufen einrichten soll und der Vermieter mit dem Smart Home scheinbar nichts zu tun hat. Diese Sichtweise ist grundfalsch, Smart Home ist „Infrastruktur“ und damit vor allem Vermietersache. Sicherheit, Energiesparen, technische Funktionalität gewährleisten, Anschluß an leitungsgebundene Kommunikationssysteme sind Felder, die der kluge Vermieter bestellen kann. Ich nehme meine Wohnung als Beispiel. Die Gegensprechanlage und die Wohnungstür sind Mietsache. Diese könnte der Vermieter durch smarte Lösungen ersetzen. Die Heizungsanlage läuft mit Nachtabsenkung, die Thermostate sind analog mit Bimetalldrahtschaltung ausgestattet und funktionieren gut. Die Substitution der Heizungsthermostate auf meine eigenen Kosten ist nicht gerade rational.
Ich stehe vor der gläsernen Metzgerei und schaue den Kollegen beim Wursten zu. Und ich habe Glück, sie kreieren eine neue Bratwurst. Eine Bratwurst, halb mit Rind- und Schweinefleisch, dazu Frühlingszwiebeln und die Fleischmasse wird Brlo Porter aromatisiert. Diese Wurst ist ein Versprechen aber sie bereitet auch Kopfzerbrechen – welches Bier begleitet hervorragend wenn kein Porter zur Hand ist?
„On Tap“ sind sechs Biere, von denen ich zwei sofort exkludiere. Die Thirsty Lady und das Gastbier, ein Sauerbier, werden dem eigensinnigen Aroma der Wurst nicht gerecht werden. Das heutige Mosaic Session IPA ist sehr floral, der Grund des Fasses ist erreicht, das „Dicke“ wird ausgeschenkt. Es zeigt sich zaghaft und wird den Geschmack nicht unterstützen wollen. Das IPA, mein Freund Mäx nennt es das Holunderblütenbier, ist blumig aber mit schönen Blumen ist der Rauheit der Wurst nicht beizukommen. Das New England IPA hat stramme 7% ist aber fragil zur Dominanz der Wurst. Allein das American IPA mit einer ungestümen Hartnäckigkeit ist einereits in der Lage dem Aroma der Wurst Paroli bieten zu können und andererseits unkonventionell genug eben dieses Aroma zurückhaltend aber vortrefflich zu unterstützen.

Wer kennt sie nicht, die sockenfressenden Ungeheuer, die sich Waschmaschinen nennen. Daß Kleiderschränke ebenso sein können, ihre Beute überraschenderweise ohne großen Kampf wieder hergeben, das ist mir neu. Ich habe in den Tiefen unseres Kleiderschranks eine alte Lederjacke gefunden. Sie stammt aus den achziger Jahren des vorigen Jahrhundert. Die Marke existiert nicht mehr, im Internet findet man auf den einschlägigen Plattformen von Privatpersonen Angebote dieser Marke zum Pfennigpreis. Die Jacke ist ein wenig zerknittert und ihr Geruch ist eine Mahnung. Sie riecht nach altem Tabakrauch – seltsam – ich muß wohl selber mal geraucht haben – die Erinnerung daran ist fast verblaßt. In einer Innentasche befindet sich eine Packung Taschentücher, ebenso herrlich tabakrauchduftend, und eine Einladung zur SPSS-Roadshow in Berlin aus dem Jahr 1999. Geschlagene achtzehn Jahre war diese Jacken vom Kleiderschrank verschluckt. Ich muß allerdings zugestehen, ich hatte sie vollkommen vergessen und auch nicht vermißt. Ich werde sie gleich anziehen, mit ihr zum Discounter des Vertrauens gehen und ihr zeigen, wie sich Kreuzberg seit der Jahrhundert-/-tausendwende verändert hat. Was sie wohl darüber denkt?

Ich suche in der Küchenschublade den Entklammerer. Da fällt mir ein kleines schwarzes Etui auf, das ich vorher noch nie gesehen hatte (meine ich). Es enthält ein Taschenmesser mit etwa acht Zentimeter Klingenlänge. Dabei liegt ein kleiner Zettel mit der Aufschrift GML-Taschenmesser sowie EVP 9,40. Ich denke letzteres meint Ostmark, denn ich gebe in die Suchmaschine des Vertrauens „GML“ ein und erhalte als Ergebnis „Genossenschaft der Messerschmiede Leegebruch“. Auf der Seite des Geschichtsvereins Leegebruch finden sich mehr Informationen darüber.
Auch die Holde kann sich nicht erklären wie das Messer dorthin kommt. Wir sind beide verwirrt.

Bestimmt gibt es ernsthafte kulturhistorische Betrachtungen der Cocktailstunde. Mir selbst ist die Beschreibung der Cocktailstunde eher aus der Literatur, genauer gesagt aus der Krimiliteratur bekannt. Ich denke an Agatha Christie und Hercule Poirot. Meist treffen sich Menschen zu einer mehr oder weniger festgelegten Uhrzeit, meist bevor es das Dinner beginnt und der weitere Abend in unterschiedlicher Form verbracht wird. Sie nehmen ein paar Cocktails und unterhalten sich.

Die Cocktailstunde erlebe ich selber meist im Urlaub, einmal die Woche aber auch in der Gastronomie in der Nachbarschaft. Zur Cocktailstunde nehme ich grundsätzlich zwei Runden, bestehend aus einem Bier für den Durst und einem Cocktail für den Geschmack. Entgegen der Üblichkeit verbringe ich die Cocktailstunde allein, ohne Gespräch mit anwesenden Personen. Ich lese Zeitungen, die ich nicht abonniert habe oder bringe ein Buch mit.

Bei Letzterem findet also ein Gepräch mit dem Autor statt oder ein Gespräch zwischen mir und mir selbst über das Gelesene.

Die meiste Zeit jedoch ist die Cocktailstunde reine Kontemplation, völlig aufmerksamkeitslos, mit frei flottierenden Gendanken.

Bei Geflügel bin ich wählerisch nachdem ich mich an einem frischen Hähnchen vergiftete. Ente und Gans esse ich, Pute und Hähnchen vermeide ich. Für den Wochenendeinkauf hole ich alles Notwendige und aus einer Laune heraus zusätzlich ein Taubenbrüstchen als Nachmittagsnack. Taubenbrüstchen hatte ich mal als Strohwitwer in einem „keep-it-simple-Dinner“ verhandelt aber wieder vergessen gehabt bis ich den Tag „Taubenbrüstchen“ eingebe. Da überrasche ich mich selber, na denn…

Bratwürste verkoste ich beim Metzger direkt. Der Metzger kennt sein Produkt, weiß um Bestandteile und Konsistenz und kann so mit Intensität und Dauer des Bratvorgangs das geschmacklich Beste herausholen. Die Black Angus Bratwurst ist ein Angebot der Metzgerei aus der Lebensmittelabteilung des Vertrauens in der Stadt – und sie hat leider keine Grillstelle. Also muß ich selber ran. Der Darm der Bratwurst fühlt sich fest an, sie ist eher locker gestopft. Ich versuche es mit mittlerer Hitze, da ich die Befürchtung habe, daß zu große Hitze die Wurst platzen lassen wird. Dazu röste ich gegen Ende des Bratvorgangs einige Scheiben Ciabatta natur neben der Wurst in der Pfanne an.
Die Wurst hat den charakteristischen Black-Angus-Beef-Geschmack, sie ist gut aber nicht aufdringlich gewürzt und der frische Ingwer tritt klar aber zum Brät hamonierend, hervor. Eine sehr gute Wurst. Dazu nehme ich ein gut gekühltes American Pale Ale, das mit seinen klar definierten Hopfen das Geschmackserlebnis erweitert.

Senf ist zu dieser Bratwurst völli überflüssig.