Über eine Frage zur Geschichte

Vergangene Ereignisse sind nicht seriell wie auf die Perlenschnur gezogen betrachtbar.  Geschichtliche Zeit ist ungleich der physikalischen Zeit, sie stellt Ereignisse in einen Deutungszusammenhang. Geschichtliche Zeit birgt Brüche in ihrem Ablauf. Ereignisse sind gebrochen zueinander. Wahrheit hat einen Zeitkern. Vergangene Ereignisse sind nicht unabhängig von uns. Unsere Bewertung, unser Nachdenken über die vergangenen Ereignisse verändern sie.

Was bedeutet das für das Auftauchen und Verschwinden von Welt-anschauungen? Ist der Rückfall in barbarische Zustände somit möglich?

Über das Putzen vor dem Putzen

Viele Privathaushalte beschäftigen eine Reinigungskraft. Beschäftigen meint hier ein ökonomisches Tauschverhältnis. Viele Menschen putzen regelmäßig bevor die Reinigungskraft beginnt und ebenda dasselbe tut. Das scheint etwas merkwürdig zu sein, wird aber sofort einsichtig sobald der Grund erkannt wird. Sie wollen der Reinigungskraft zeigen wie das Ergebnis auszusehen hat. Soweit, so gut aber wenn dies aber zur Regelmäßigkeit wird sei die Frage erlaubt warum das Tauschverhältnis nicht beendet und ein anderes eingegangen wird? Ist diese Art von Tauschverhältnis wirklich ein rein ökonomisches oder tritt da noch etwas anderes, Vermitteltes, hinzu?

Über einen Sonntag 4

Den Sonntag in Sätzen mit zwei Worten zu zeigen ist so einfach nicht. Insbesondere wenn im Text die Worte möglichst nicht wiederholt werden sollen. Das geht stockend von der Hand. Eine spielerische Modifikation: Im ersten Absatz ist der Text randomisiert. Zunächst wird das erste Wort per Zufallszahl sortiert, in einem weiteren Schritt das zweite Wort. Der Zweite Absatz enthält den ursprünglichen Text.

Eltern frühstücken. Armbandtracker sein. Müde bestaunen. Missmutig betrachten. Gedanken durchstreifen. Stichworte belegen. Dinner hereinholen. Wasser zusammenreimen. Krimi anrufen. Spaziergang folgen. Champignonscheiben auslesen. Philosophiesendung grummeln. Balkontür schließen. Kaffee brühen. Spaghetti sehen. Tablet schmökern. Holde trinken. Schrippe anschalten. Feuilleton bewundern. Museumsbesuch genießen. Couch naschen. Gute verschieben. Haare aufmachen. Twitter Nacht. Kulinarik schauen. Kolosskalmare schneiden. Sonntagzeitungen werden. Wohnung bekommen. Satt abblasen. Hunger küssen. Regen knotzen.

Sonntagzeitungen hereinholen. Kaffee brühen. Armbandtracker auslesen. Balkontür schließen. Tablet anschalten. Twitter aufmachen. Feuilleton schmökern. Holde küssen. Philosophiesendung sehen. Spaghetti frühstücken. Haare schneiden. Stichworte zusammenreimen. Regen betrachten. Missmutig grummeln. Spaziergang abblasen. Museumsbesuch verschieben. Schrippe belegen. Couch knotzen. Gedanken folgen. Wohnung durchstreifen. Kulinarik bewundern. Hunger bekommen. Champignonscheiben naschen. Dinner genießen. Kolosskalmare bestaunen. Satt sein. Eltern anrufen. Krimi schauen. Wasser trinken. Müde werden. Gute Nacht.

Über die großzügige Kasse

Sommerschlußverkauf 2018. Kaufhäuser werben mit Zeitungsbeilagen um Kundinnen für ihre Produkte. Die Orginalpreise im Vergleich zu den reduzierten Preisen sollen das Geld im Portemonnaie der möglichen Kundinnen lockern. Ein weiterer reduzierter Preis falls die mögliche Kundin 2 Stück des Produkts nimmt. Zwar ist Geld ausgegeben eben ausgegeben und nicht mehr da aber wen kümmert es im Moment des Bezahlens. Einmal gehen lassen, nur einmal… An der Kasse dann die Überraschung. Statt des Nehmen-Sie-2-Stück Preises soll die Kundin noch einmal deutlich weniger zahlen. Verwirrung macht sich breit. Die Kassiererin weiß die Antwort: „Die Kasse war es!“. Dieser Ausspruch entlastet die Beteiligten am Bezahlprozeß, die Kassiererin und die Kundin. Die einhellige Meinung ist, die Maschine habe recht – nur warum bloß? Die Kundin wird das Ergebnis nicht hinterfragen. Warum aber nicht die Kassiererin?

Über das Organigramm

Das Organigramm ist ein merkwürdiges Ding. Linien und Kreise, Kästchen und Dreiecke, Pfeile und Buchstaben breiten sich auf der zweidimensionalen Fläche aus, sei sie aus Papier oder sei sie ein Bildschirm. Sie stellen etwas dar, was eigentlich drei- – nein – mehr- oder multidimensional ist. Sie stellen soziale Verhältnisse zwischen Personen oder Personengruppen dar, reduziert um die vielen Eigenheiten der Personen selber. Sie sind eine hierarchische und kommunikative Konstellation. Sie zeigen von den Personen ihr Verhältnis zueinander in Bezug auf Befehl und Gehorsam. Diese Reduktion der Komplexität menschlicher Eigenheiten und Verhältnisse auf Befehl und Gehorsam und die Zweidimensionalität der Fläche sind zusammenbetrachtet einerseits grotesk andererseits aber interessant anzusehen. Grotesk: das Oben und das Unten auf dem Organigramm entsprechen Befehl und Gehorsam in der Organisation, ein Bild der Macht und der Ohnmacht. Interessant: wer steht darauf? Wer hat hier das Sagen? Das Organigramm zeigt die Adiaphorisierung der Menschen durch die Organisation. Die visualisierten Positionen des Organigramms, die weit voneinander entfernt sind, sei es vertikal, horizontal oder auch diagonal haben sich nichts zu sagen, sie zeigen organisierte Gleichgültigkeit.

Über eine Frage zur Lustlosigkeit

Die Lustlosigkeit für das körperliche Training kann aus einem unausgeruhten oder auch gesundheitlich angeschlagenen Körper resultieren. Ruhe ist dann angesagt. Die Frage jedoch woher die Lustlosigkeit zum Denken kommt scheint rätselhaft. Ist das womit gedacht wird, das Denkende, etwas, das sich ebenfalls erschöpfen kann oder gesundheitlich angeschlagen sein kann?

Über die Taxonomie

Taxonomien mögen in der Logik und im Formalen ihre Berechtigung haben. Die Abstraktion und Deduktion unterstützen sie vortrefflich. Über das Verteilte, das Zerstreute, das Plurale, das Zufällige, das Vieldeutige sagen sie nichts. Deshalb sagen sie wenig über das Lebendige.

Über das Loslassen von Dingen

Dinge können mit Subjektivität und Objektivität aufgeladen sein. Subjektivität meint die Erinnerungen, Emotionen und Geschichten des Menschen, die sich im Ding sedimentieren. Objektivität meint die „Versunkenen Kosten“ des Dings, rechenbar als Quantitäten als Geld, die sich im Ding ebenfalls manifestieren. So geht das Ding über sich hinaus und steht dem Menschen als gegenüber als etwas Besonderes. Wie kann er davon lassen ohne Schmerz?

Über den Widerstand beim Schreiben

Schreiben ist nichts Flüssiges. Immer wieder werden Worte, Formulierungen, Sätze überprüft. Das Schreiben wird mit Pausen durchsetzt. Irgendein Widerstand hemmt und unterbricht das Schreiben. Es scheint eine Instanz zu geben, die das Schreiben prüft. Sie scheint nicht in der Innerlichkeit verortet, sondern dem Schreibenden außerhalb. Nur durch Anstrengung kann gegengehalten werden. Schreiben kostet Kraft.

Über Routine

Fragen wir doch einmal was an Routine schlecht sein kann. Im Reich der Notwendigkeiten und Zwecke kann sie genau das Gegenteil, das Richtige sein. Denn die Routine kann die Gedanken fließen lassen, die sich dann zur Spekulation aufraffen und sich wieder hinterfragen und sich reflektierten. In der Routine können sich die Rancièreschen Subjektivierungen entfalten, Dissens entstehen, sich Politik vorbereiten. Das Gegenteil von Routine benennen wir Innovationsprozeß.  Ein, in der heutigen Zeit, positiv konnotierter, vom Reich der Notwendigkeiten und Zwecke fast eingeforderter Zustand des Tuns. Nur was macht es mit dem Einzelnen wenn der Zustand auf Dauer gestellt ist?